Hörspiel
50 Aktenkilometer von Rimini Protokoll
Über 50 Kilometer an Dokumenten lagern im Hauptarchiv der Stasi-Unterlagen-Behörde. In diesem Hörstück setzen sich ehemalige Überwachte und Spitzel mit ihren Akten auseinander, für alle eine verwirrende Erfahrung.
20. Jahre nach der Wiedervereinigung vertiefen sich Überwachte und Überwacher in Berichte, abgefangene Briefe und nie zuvor gesehene Fotos. Sie sind entweder schockiert und angewidert oder lachen und sind erstaunt über dieses parallele staatliche Tagebuch ihres Lebens.
"22:20 Uhr verließen eine Frau und ein Mann die Kirche – sie schoben jeweils ein Fahrrad durch die Auguststraße. 22:27 Uhr betraten sie das Gebäude in der Kleinen Hamburger Straße, gingen in die vierte Etage, wo sie die rechte Wohnungstür öffneten und die Wohnung betraten. An der Tür stand der Name [geschwärzt]."
Die Stasi, als Geheimdienst ohne rechtliche oder mediale Aufsicht, war ein zentraler Bestandteil des diktatorischen Systems der DDR. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) beauftragte sie direkt und nutzte sie zur Machtsicherung durch Überwachung, Bedrohung und Einschüchterung. Der Name Stasi stammt vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS), das zu Beginn des Kalten Krieges 1950 ins Leben gerufen wurde.
Im Zuge der Friedlichen Revolution im Dezember 1989 besetzten Bürgerrechtler:innen landesweit MfS-Gebäude und verhinderten so eine Nachfolgeorganisation der Stasi nach dem Ende der DDR. Bei den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung konnte durch eine erneute Besetzung der ehemaligen Stasi-Zentrale die Öffnung der Stasi-Akten für Betroffene ermöglicht werden.
Zum Autor
Helgard Haug und Daniel Wetzel, beide 1969 geboren, sind Teil des Künstlerkollektivs Rimini Protokoll. Sie kreieren Stücke für die Bühne, den Stadtraum und das Radio. Unter anderem entstand aus Stasi-Unterlagen im Rahmen von "Radioortung" von Deutschlandfunk Kultur das Hörspiel und der Audiowalk "50 Aktenkilometer". Ihre Hörspielarbeiten erhielten mehrfache Auszeichnungen, darunter "Peymannbeschimpfung" als Hörspiel des Monats (2007). Zuletzt entwickelten sie "Die Judenbuche eine Bearbeitung der Novelle von Annette von Droste-Hülshoff" (WDR 2023) basierend auf dem Polylog "16 Szenen für einen Wald" (Burg Hülshoff - Center for Literature 2022).
"50 Aktenkilometer von Rimini Protokoll" im Überblick
50 Aktenkilometer von Rimini Protokoll
von Rimini Protokoll
Mit Salomea Genin, Mario Röllig, Barbara Stephanowa, Günther Jeschonnek, Hans-Dieter Schütt, René Stäbler
Produktion: 2011
Sendezeit | Do, 10.10.2024 | 22:03 - 23:00 Uhr |
Sendung | Deutschlandfunk Kultur "Freispiel" |