Hörspiel
"Roman eines Schicksallosen" von Imre Kertész
Imre Kertész‘ "Roman eines Schicksallosen" über die Deportation eines Jungen nach Auschwitz schockiert bis heute. Dieses Meisterwerk brachte dem Ungarn 2002 den Literaturnobelpreis. Sein im Archiv gefundenes "Arbeitstagebuch" offenbart den Entstehungsprozess des Romans.
Ende der 1950er-Jahre schreibt Imre Kertész, der am 9. November 95 Jahre alt geworden wäre, in Budapest Texte für musikalische Komödien. Diese fallen ihm leicht und sind erfolgreich, doch er verachtet seine Arbeit: Sie sei dem "Anpassungszwang" geschuldet. Das Romanprojekt "Ich, der Henker", die Geständnisse eines Nazi-Verbrechers, macht hingegen seit Jahren keine Fortschritte.
Mit 29 Jahren, im November 1958, entscheidet sich der Überlebende von Auschwitz und Buchenwald zu einer „nüchternen Selbstprüfung“. Entstanden ist das erste seiner Tagebücher, 44 dicht beschriebene Seiten, die im Nachlass des 2016 Verstorbenen entdeckt wurden: "Heimweh nach dem Tod2. Nach dem Untertitel ist es ein "Arbeitstagebuch zur Entstehung des 'Romans eines Schicksalslosen'", mit dem Kertész 1996 auf einen Schlag berühmt wurde.
Die Geschichte des 14-jährigen György, der nach Auschwitz deportiert wird und das Vernichtungslager zu verstehen versucht, revolutionierte die Wahrnehmung des Holocaust. "Alles war in Bewegung", bemerkt György die Selektion der Ankömmlinge, also auch seiner selbst, "alles funktionierte, jeder war an seinem Platz und tat das Seine, präzise, gelassen, wie geschmiert." Die Erzähltechnik für den Roman, "meine eigene Mythologie", entwickelte Kertész im Dialog mit Thomas Mann und Albert Camus. Als das Jahrhundertwerk nach über zehn Jahren Arbeit 1975 in Ungarn publiziert wird, bekam es keinerlei Beachtung. Erst in den 1990er-Jahren und über den Umweg des Landes, das ihn einst zerstören wollte, sollte Kertész bekannt werden. 2002 erhielt er den Literaturnobelpreis, den er als "Glückskatastrophe" deklarierte.
Zum Autor
Imre Kertész, der im Jahr 1929 in der Hauptstadt Ungarns das Licht der Welt erblickte, erlebte als Jugendlicher 1944 die Deportation in die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald. Damals war er 14 Jahre alt. Sein Werk "Roman eines Schicksallosen" wurde erstmals 1975 in seinem Heimatland veröffentlicht. In der sozialistischen Ära blieb er jedoch ein Außenseiter und verdiente seinen Lebensunterhalt hauptsächlich als Übersetzer. Erst mit dem Umbruch in Europa wurde er international bekannt und erhielt im Jahr 2002 den Nobelpreis für Literatur. Danach lebte Kertész vorwiegend in der deutschen Hauptstadt, bevor er 2012, mit schwer erkranktem Gesundheitszustand, nach Budapest zurückkehrte. Am 31. März 2016 verließ er diese Welt.
""Roman eines Schicksallosen" von Imre Kertész" im Überblick
"Roman eines Schicksallosen" von Imre Kertész
von Imre Kertész
Mit Ulrich Matthes, Imre Kertész
Sendezeit | Sa, 25.01.2025 | 18:00 - 20:00 Uhr |
Sendung | NDR Kultur "Hörspiel" |