"Was siehst du? Die Nacht!"

Ludwig Fels, Dichter und Vater einer Tochter, schrieb die Geschichte "Was siehst du? Die Nacht!", die auf einer wahren Gegebenheit beruht, aber von keinem mehr publik gemacht werden konnte. 

Ludwig Fels Werk spendet Trost. Und es feiert die beinahe grenzenlose Macht der Vorstellungskraft. Als ein kleines Mädchen namens Mirka gemeinsam mit ihrem Vater aus dem Ghetto Lodz deportiert wird, steht ihr ein düsteres Schicksal bevor. Es ist 1944 und die Reise der beiden soll ihre Letzte sein. Wohin sie führt? Ins ewige Leben.

Mirka ist voller Lebenslust. Das kleine Mädchen lässt sich nicht unterkriegen, trotz der vielen Zweifel, die sie plötzlich heimsuchen. Als sie mit ihrem Vater in den Waggon einsteigt, beißt ein Nazi-Hund ihre Puppe, das macht ihr Angst. Ihr Vater erstickt indes an seiner Verzweiflung. Trotzdem versucht er, sie zu beruhigen.

Mirka begegnet den hilflosen Notlügen ihres Papas mit der Macht ihrer kindlichen Fantasie. Nicht zu beantwortende Fragen werden durch eilends zusammengedichtete Märchen ruhig gestellt. Aus jedem Wort strahlt die Liebe. In ihren letzten Stunden schlagen die Herzen des kleinen Mädchens und ihres Vaters gemeinsam, ihre Seelen werden eins.

Der Klangkünstler und Hörspielregisseur Stefan Weber war von Fels Werk begeistert. Deshalb hat er sich mit dem Autor in Kontakt gesetzt und meinte zum Stück: "Jedes Wort, jeder Satz, jede Sequenz ausweglos gemeißelt in 'die Ruine der Erinnerung'. Ihr elendes Gewebe aus Kindwelten, Hoffnungen, Notlügen, Verzweiflung, Resignation, Liebe, Eternità, geflochten im Waggon des Räderwerks einer 'betrunkenen Maschine Mensch in Uniform' verdichtet sich atemraubend bis zum letzten Wort. Ihr Stück gibt so viel Kraft und Trost, weil Sie Gewissheit schenken, dass Mirka 'tausend Jahre alt wird', dass sie und ihr Vater uns die Hand werden reichen können."

Daraufhin treffen sich Regisseur und Dichter zu einem Gespräch, um sich auf ein Inszenierungskonzept zu einigen. Corona ließ ihre Produktion verspätet starten. Mitten in den Vorbereitungen ist der Dichter Fels plötzlich in Wien am 11. Januar 2021 aus dem Leben geschieden.