Ernst Haeckel (1834 - 1919) war einer der einflussreichsten Naturphilosophen des 19. Jahrhunderts. Er war Mediziner, Zoologe, Philosoph und ein großer Unterstützer von Charles Darwins Evolutionstheorie. Er konnte auch ziemlich gut zeichnen. In seinem Sammelband "Kunstformen der Natur" hat er wunderbare, hochästhetische Zeichnungen von Organismen aller Art hinterlassen. Allerdings vertrat er auch die Ideologie der Rassenhygiene und der Eugenik, die später von den Nazis bereitwillig aufgenommen wurden.
Haeckel bewegte sich oft an der Grenze zwischen Wissenschaft und Philosophie. Er formulierte etwa die sogenannte biogenetische Grundregel, die im Kern besagt, dass jeder Organismus in seiner Embryonalentwicklung noch einmal die gesamte Evolution seiner Art rekapituliert. Platt gesagt: Ein menschlicher Fötus im Mutterleib durchläuft im frühen Stadium noch einmal etwa eine Fisch- und eine Amphibienphase. Eine interessante Theorie, die aber so nicht mehr haltbar ist.
Ein wenig esoterisch klingt auch ein Vortrag aus dem Jahr 1918 zum Thema "Kristallseelen". Haeckel liest aus seinem gleichnamigen Buch, das ein Jahr zuvor erschienen war. Darin wirbt er zunächst für die Idee von der Einheit der Natur – eine Ansicht, die auch der modernen Naturwissenschaft nicht fremd ist. Sie besagt im Wesentlichen, dass alle Erkenntnisse etwa über das Leben auf der Erde am Ende mit physikalischen Gesetzen im Einklang stehen müssen. Haeckel dreht dabei aber den Spieß um und erklärt, dass sich das Konzept der Seele auch auf tote Materie – wie eben Kristalle – übertragen lasse. Dabei nimmt er Bezug auf mehrere Bücher aus dem Jahr 1904, in denen andere Autoren ähnliches behaupten. | Transkript des schwer verständlichen Vortrags und mehr zum Thema: http://swr.li/haeckel-kristallseelen