Sportchor von Elfriede Jelinek

Ein Chor tritt auf, der die Geheimnisse der Spieler ausplaudert. Die Presse ist immer dabei und erfährt, was die Spieler nachts machen, worüber sie reden dürfen und warum sie ihre Körper zur Schau stellen. Dem Ganzen haben sie es einem Fußball-Kommentator zu verdanken.

Der Fußball-Kommentator präsentiert einen Chor, der alles preisgibt: was die Spieler tun, wenn es dunkel wird, worüber sie sprechen dürfen und warum sie ihre Körper zur Schau stellen. Und die Presse ist immer nah am Geschehen.

Alle reden über Sport. Über die biologische Wehrpflicht des Zuschauers, den Aufstand auf dem Rasen und den Anspruch auf Frauen. Über Bewegung und Stillstand, Krieg und Frieden. Aber die Unterschiede verschwinden im Abseits. Der Bildschirm macht es deutlich. "Wir passen nicht in das Bild, das sich die Medien von uns gemacht haben, aber jetzt passen wir schon." Der Sport benötigt eine Sprache.

Der Sportchor bringt alle Stimmen zusammen, die immer und überall für die Massen die Information liefern: Torwart-Darsteller, Pressevertreter, Damenfußballerinnen und authentische Helden. "Ich bin der andere, der heute gesiegt hat. Ich bin ich selbst. Ich bin heute ein Gott. Ich bin ein Fußballgott."

1998 wurde Elfriede Jelinek Werk "Sportstück" uraufgeführt. Ihr Sportchor setzt dort wieder an. In der griechischen Tragödie steht dieser Chor am Rande des Spielfelds. Nun rückt es ins Rampenlicht und Spielkommentare werden unabhängig: Gesellschaftsspiel, Geschlechterspiel, Kriegsspiel, Medienspiel und Fußballspiel. "Mehr Menschen gehen nicht ins Auge".

Zum Autor

Elfriede Jelinek kam 1946 in Mürzzuschlag/Steiermark zur Welt. Sie ist eine österreichische Schriftstellerin, die auch Lyrik, Prosa, Theatertexte, Libretti, Drehbücher und Hörspiele schreibt. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Theaterpreis Berlin und mehrfach der Mülheimer Dramatikerpreis. Im Jahr 2004 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur. Zuletzt schrieb sie Hörspiele wie "Am Königsweg" (BR 2017), "Das Licht im Kasten" (BR 2017) und "Wut" (BR 2018).