Die russische Autorin Nadeschda Mandelstam hat es geschafft die Gedichte ihres Mannes Ossip Mandelstam vor der stalinistischen Vernichtung zu retten
Die russische Autorin Nadeschda Mandelstam hat es geschafft die Gedichte ihres Mannes Ossip Mandelstam vor der stalinistischen Vernichtung zu retten © Clara Diercks / PIXELIO

Feature

Monument für eine Stimme

Nadeschda Mandelstam war eine Autorin aus Russland, die die Gedichte ihres Ehemanns aufbewahrte, indem sie diese auswendig lernte. In der Sendung "Monument für eine Stimme" geht es um die bemerkenswerte Frau, die 1980 verstarb.

Ossip Mandelstam war der Ehemann von Nadeschda Mandelstam, ein Dichter aus Russland und verstarb in einem Lager von Stalin im Jahr 1938, als er 47 Jahre alt war. Um die Gedichte ihres Ehemannes davor zu bewahren, vergessen oder beschlagnahmt zu werden, übte seine Frau diese so lange, bis sie die Gedichte auswendig konnte.

Nachdem Ossip gestorben war, war Nadeschda 30 Jahre lang in der Sowjetunion unterwegs und musste zahlreiche Hausdurchsuchungen mitmachen. Denn die Behörden waren auf der Suche nach den Gedichten von Ossip, sie hatten diese verboten und wollten sie zerstören. Die einzige Möglichkeit, wie Nadeschda die Gedichte aufbewahren konnte, war, "sie auswendig zu lernen". Sie wiederholte die Gedichte immer und immer wieder, auch nachts, weil sie sich so sehr davor fürchtete, sie zu vergessen. In den Nächten fand sie kaum Schlaf, doch ihre Stimme war immer da. Das Feature stellt das Leben der Autorin nach.

In einem Archiv in den Niederlanden fand man eine Aufnahme aus dem Jahr 1973, in der ihre Stimme zu hören ist. Mit 81 Jahren starb Nadeschda im Dezember 1980 in Moskau. Ralph Dutli ist ein Biograf, der über die Frau schrieb, dass die Beerdigung am 2. Januar 1981 für zahlreiche junge Menschen aus Russland bedeutend war. Nadeschda wurde in Kunzewo, einem Vorort von Moskau, auf dem Trojekurowskoje-Friedhof beigesetzt. Doch bei dem Begräbnis waren auch KGB-Agenten und Spitzel anwesend.

Des Weiteren meint Dutli, dass die Staatssicherheit verboten hatte, Nadeschda auf dem Wagankowo-Friedhof im Zentrum zu begraben, weil man Angst hatte, dass das Grab eine Wallfahrtsstätte werden würde. Bei der Beerdigung von Nadeschda wurde auch an ihren längst verstorbenen Ehemann gedacht, dieder wurde im Massengrab in Wladiwostok begraben.

Natascha Stempel, die Freundin von Woronesch, begann beim Leichenmahl darüber zu sprechen, wie glücklich sie darüber ist, den Mandelstams begegnet zu sein. Danach stand ganz natürlich einer nach dem anderen auf und rezitierte ein Gedicht von Mandelstam. Natascha Stempel erinnert sich daran, dass Ossip auf einmal im Raum war und das literarische Porträt unglaublich inspirierend war, sodass Kummer und Tod verflogen. So zeigte sich, wie kraftvoll die Poesie sein kann.

Zum Autor

1947 kam Lou Brouwers in Valkenburg bei Maastricht zur Welt. Er arbeitet als Filmemacher, Autor und Journalist und wohnt in Berlin seit dem Jahr 1984. Sein Werk "Krieg im Kopf" erschien 2016 bei DKultur und handelt von Kriegsveteranen. 2018 veröffentlichte er beim Deutschlandfunk das Werk "Friedrichroda – Brüssel – New York. Toots Thielemanns und der Klang der Melancholie".

"Monument für eine Stimme" im Überblick

Monument für eine Stimme

von Lou Brouwers

Produktion: 2023

Sendezeit Di, 06.06.2023 | 22:03 - 23:00 Uhr
Sendung Deutschlandfunk Kultur "Feature"
Radiosendung