In Freiburg wird seit Neuestem Wein in Bierflaschen verkauft. So richtig mit Kronkorken statt Schraubverschluss oder klassischem Weinkorken und eben mit Pfand auf der Flasche. Macht die Flasche denn einen Unterschied?
Wenn es anständiges Glas ist, wird der Wein auch in einer Bierflasche relativ gut aufbewahrt sein. Der Punkt ist nur die Größe: bei Bier für einen halben Liter. Das Übliche bei Wein ist doch eher die Dreiviertelliterflasche, das ist dann eben eine Frage der Gewohnheit. Interessant an dem Projekt fand ich allerdings die Sache mit den Etiketten.
Worum geht es dabei?
Die Etiketten müssen einerseits halten, bis der Wein ausgetrunken ist. Andererseits müssen sie in der Waschanlage problemlos abgehen. Schließlich geht es in diesem konkreten Fall ja um eine Standard-Bierflasche, die gegebenenfalls beim nächsten Befüllen vor Ort – dort, wo sie abgegeben wurde – wieder mit Bier befüllt wird und ein neues Etikett braucht.
Und macht der Kronkorken einen Unterschied?
Das gibt oder gab es vereinzelt auch schon bei Wein. Ganz sicher aber bei Schaumwein der günstigeren Sorten, denn die müssen ja eh sehr druckfest verschlossen werden. Und da ist der Kronkorken – siehe Bier und andere kohlensäurehaltige Getränke – eine sichere Bank. Aber ein Pfandsystem macht nur für Weine Sinn, die nicht fünf bis zehn Jahre beim Kunden im Keller liegen. Das Interesse der Winzer und Weingroßhändler an dieser Idee hat vor allen Dingen damit zu tun, dass sich Glas durch die erhöhten Energiepreise gravierend verteuert hat und damit auch die Neuflaschen.
Mein Eindruck war, das wird mit Umweltschutz-Gründen vermarktet: In der Produktion von Einwegglas entsteht Kohlendioxid, weswegen man auf ein Mehrwegsystem umsteigt.
Das ist ein zweifelsohne vorhandener positiver Effekt. Der Verpackungsaufwand durch die Einweg-Glasflasche ist wahrscheinlich für ein Drittel bis zur Hälfte der Klimabelastungen durch die Weinindustrie verantwortlich. Eine Winzergenossenschaft wie die in Freiburg, die das jetzt macht, die wird das vielleicht tatsächlich nicht nur ökonomisch denken. Ich kann mich erinnern: Anfang der 90er wurde diese EU-Verpackungsverordnung gemacht, und im Vorfeld der Debatten darüber gab es in Deutschland schon Ärger. Denn es gab tatsächlich damals schon ein Mehrweg-Weinflaschensystem, was aber unter anderem durch Discounter sabotiert wurde. Die haben das Mehrwegsystem generell abgelehnt, weil es für sie durch zusätzliche Lagerflächen für leere Flaschen auch Mehrkosten verursacht und so ihr Kostenvorteil gegenüber dem gewöhnlichen Lebensmittel-Einzelhandel schrumpft.
Wäre es denn möglich, Pfand auf Weinflaschen einzuführen?
Darüber gibt es schon Debatten. Der Punkt bei Wein ist aber, dass die Anbaugebiete meist nicht identisch sind mit den Orten, wo konsumiert wird. Das heißt, du hast relativ weite Leerguttransporte, die die Umweltbilanz wieder verschlechtern. Mehrweg ist im Allgemeinen vor allem dann besonders umweltfreundlich, wenn kurze Wege dranhängen. Da wäre eine Einheitsflasche für Wein sinnvoll.
Und würdest du Wein in einer Bierflasche kaufen?
Warum nicht? Die Flasche ist eine Flasche, und gegenüber dem Korken haben Kronkorken wie Schraubverschluss einen Vorteil: Es kann nie korkig schmecken.

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Als Universalgelehrter der nd.Redaktion weiß der Wissenschaftsredakteur Dr. Steffen Schmidt auf fast jede Frage eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eben eine andere. Alle Folgen zum Nachhören auf dasnd.de/schmidt
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Folge vom 16.03.2024Flasche ist Flasche. Mehrweg hat Vorteile
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Folge vom 09.03.2024Warum können Tiere sich selbst befruchten?In den USA lebt der Stachelrochen Charlotte in einem Aquarium zusammen mit zwei Haien. Charlotte ist nun schwanger – wohlgemerkt, ohne Kontakt zu Artgenossen zu haben. Was ist passiert? Schwanger ist in dem Falle ein falsches Menschengleichnis. Haie und Rochen gehören ja zu den Tierarten, die Eier legen. Einige der Knorpelfische behalten die Eier aber im Körper und lassen die Jungtiere innerhalb des Muttertieres schlüpfen. Das beantwortet meine Frage nicht. Ist der Rochen von einem Hai befruchtet worden, oder hat er das selbst gemacht? Es deutet alles auf eine Jungfernzeugung hin, Fachchinesisch: Parthenogenese. Diese Selbstbefruchtung kommt vor allem bei Gliederfüßern, Weichtieren, Echsen und Fischen vor. Dass eines der Hai-Männchen gewissermaßen als Vater infrage käme, ist sehr unwahrscheinlich. Eine Kreuzung beider Arten wäre vermutlich auch nicht lebensfähig, denn sie sind nur sehr entfernt miteinander verwandt. Das ist bei Tigern und Löwen anders. Die kommen in der Natur in unterschiedlichen Lebensräumen vor, sodass sie bisher nur künstlich gekreuzt wurden. Richtig. Es gibt lebende Exemplare des »Ligers«. Die Arten aber sind näher verwandt. Der letzte gemeinsame Verwandte von Rochen und Hai dagegen ist 300 Millionen Jahre her. Zurück zu Charlotte. Warum befruchten die Rochen sich selbst? Es gibt einen Grundinstinkt, der das Verhalten aller Arten prägt – partiell sogar das des Menschen, obwohl man da manchmal Zweifel hat: die Arterhaltung. Und wenn ein geschlechtsreifes Weibchen einer Tierart, bei der das biologisch geht, sich lange nicht fortpflanzen kann, dann kann die Parthenogenese ausgelöst werden. Allerdings ist das bei dieser Art von Stachelrochen noch nie beobachtet worden. Kommt dieses Verhalten nur in Gefangenschaft vor? In freier Wildbahn gibt es wenig Veranlassung dazu. Die Viecher können weit schwimmen. Haie zum Beispiel schwimmen zur Paarung zum Teil Zehntausende Kilometer. Rochen sind zwar standortfester, befinden sich aber meist in Gesellschaft von Artgenossen. Die Parthenogenese hat jedoch auch Nachteile: Es kommen immer nur Weibchen heraus. Warum? Weil dem Muttertier nur der Chromosomensatz von sich selbst zur Verfügung steht. Das ist natürlich ein Problem, weil Charlottes Nachkommen vor dem gleichen Problem wie sie stehen. Richtig. Hinzu kommt: Die Parthenogenese produziert mehr oder minder dasselbe wie eine langjährige Inzucht. Und diese hat den gravierenden Nachteil, dass für bestimmte Krankheiten dann eine höhere Empfänglichkeit besteht. Nicht nur das. Es kommt vermehrt zu Gendefekten. Eben. Und die können unter Umständen zu schweren Behinderungen führen. Auch bei Tieren. Wurde die Parthenogenese bei Säugetieren beobachtet? Nein, bei Säugern ist die Jungfernzeugung aufgrund der Spezifik der Verbindungen von Eizellen und Spermatozoen nicht möglich.
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Folge vom 05.03.2024Früher musste man Salzwasser aus Schälchen aufsaugenEs ist Erkältungszeit. Inhalieren mit Salzwasser soll da ja sehr gut sein. Warum eigentlich? Wenn die Schleimhäute von der Nase bis in die Bronchien anschwellen durch Entzündung, dann ist die Schleimproduktion ein Teil unserer ersten Abwehr. Und damit die Schleimhäute feucht bleiben, ist Salzwasser nicht schlecht. Wenn man viel in trockener Luft zu tun hat, ist es auch ganz gut, mit Salzwasser die Nase zu spülen. Dazu benutzt man dieses eklige Teil, das man sich unter ein Nasenloch halten muss. Die Nasendusche. Das ist doch aber eigentlich praktisch. Im Vergleich zu früher, als man das mit der Nase aus irgendwelchen Schälchen aufsaugen musste … Heute ist es ganz easy. Läuft in das eine Nasenloch rein und aus dem anderen wieder raus – und jut is. Aber man hat das Gefühl, als würde das Gehirn durchgespült werden. Echt? Na, ist ja vielleicht gar nicht schlecht, das Gehirn mal durchzuspülen. Zurück zur Nase. Geht am Meer ein Schnupfen schneller wieder weg? Am Meer ist es sicher besser. Allerdings wird Meeresluft eher bei Leuten mit chronischen Atemwegserkrankungen empfohlen. Da gibt es natürlich historisch auch noch andere Methoden. Ich erinnere mich, meine Mutter, die hatte schweres Asthma als Jugendliche, und die war stinksauer, dass sie nicht nach Helgoland zur Kur geschickt wurde, sondern nur nach Bad Kösen, wo sie dann an den sogenannten Gradierwerken jeden Tag spazieren gehen musste. Okay, was ist das denn? Die Gradierwerke, das ist inzwischen höchstens noch ein technisches Denkmal oder ein Baudenkmal. Das sind relativ hohe Wände aus Holz, die im Freien aufgestellt sind, an denen Äste von Büschen befestigt sind und wo das Salzwasser aus der Tiefe der Erde hochgepumpt wird und dann von oben an diesem Buschwerk nach unten rieselt. Dabei verdunstet ein Teil des Wassers. Das war ursprünglich ein Teil der Salzgewinnungstechnologie, um in unseren ja doch etwas sonnenärmeren Gegenden schon mal eine Vorkonzentration der Salzlösung zu bekommen, um dann bei der Salzgewinnung nicht so viel Heizmaterial zu verbrennen, wenn das eingekocht wird. In der Nähe der Gradierwerke ist die Luft etwas salziger. Und das hat man irgendwann als Kuridee entdeckt. Und man musste an dieser Wand entlangspazieren – ich verstehe deine Mutter. Es ist eben nicht dasselbe wie am Meer. Am Meer hast du das quasi ständig. Und außerdem ist es natürlich etwas abwechslungsreicher. Andererseits ist das Seeklima ein etwas stärkerer Reiz für die Atemwege. Weshalb es für manche Asthmatiker im Hochgebirge besser ist, wo es ab bestimmten Höhen nur noch wenig Allergene aus der Natur gibt. Vor allem essen wir Salz. Karl Lauterbach klingt, als wäre es Gift. Na ja, ganz so eindeutig ist es nicht. Die Menge sollte fünf oder sechs Gramm am Tag nicht überschreiten, dann wird es ungemütlich. Wir brauchen Salz, also um genau zu sein, Kochsalz, NaCl, also Natriumchlorid, Hauptbestandteil dessen, was wir als Steinsalz zum Kochen verwenden. Beim Toten-Meer-Salz ist die Zusammensetzung ein bisschen anders. Wir brauchen Salz, weil das ein wesentlicher Teil unserer Körperflüssigkeiten ist. Wie doof das ist, wenn es nicht mit Salz wäre, würdest du merken, wenn du diese Nasendusche mit blankem Leitungswasser machen würdest. Das würde die Nase eher austrocknen. Denn dann würde das Salz aus den Schleimhautzellen durch den osmotischen Druck in das Spülwasser hineindiffundieren und aus unserem Körper abfließen. Wenn du mal aus den Latschen gekippt bist, Kreislaufkollaps oder so, was ich ein-, zweimal hatte ... Riechsalz!? Nee, da kommen wir nicht aufs Riechsalz. Als ich dann im Krankenhaus aufgewacht bin, hing neben mir an einem Gestell ein Beutel mit Salzlösung. Die hat dazu geführt, dass alles wieder einigermaßen in Gang kam.