Jedes Jahr sterben über tausend Menschen auf der Flucht im Mittelmeer. An den EU-Aussengrenzen werden Asylsuchende mit Zäunen und Gewalt zurückgehalten. Wie können wir Migration kontrollieren, ohne Gewalt und Tote? Darüber spricht Yves Bossart mit dem gefragten Migrationsexperten Gerald Knaus.
Von «Asylchaos» ist die Rede. Rechtpopulistische Parteien feiern Erfolge, weil sie eine restriktive Asylpolitik fordern. Auch die EU hat ihre Migrationspolitik verschärft. Was passiert da gerade? Und wie könnte eine humane und gerechte Migrationspolitik aussehen?
Der österreichische Sozialwissenschaftler und Migrationsforscher Gerald Knaus gilt als Vordenker des Migrationsabkommens der EU mit der Türkei von 2016. Er ist Gründungsmitglied der «European Stability Initiative» und berät heute zahlreiche Regierungen. Seine Kernforderung lautet: Wir brauchen Kontrolle, vereint mit Empathie. Grenzschutz ja, aber menschlich. Knaus möchte – wie derzeit einige EU-Länder – Asylverfahren aus Europa auslagern, in sichere Drittstaaten, mit denen Abkommen geschlossen werden. So würden Menschen ohne Chance auf Asyl die gefährliche Reise nach Europa gar nicht erst antreten. Aber: Ist das moralisch vertretbar?

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Vertiefende Gespräche mit herausragenden Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Politik. Die Sternstunde Philosophie vermittelt lebensnahe Denkanstösse zu zentralen Fragen unserer Zeit.
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Folge vom 03.02.2024Gerald Knaus – Wie lösen wir die Migrationskrise?
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Folge vom 27.01.2024Martin Puchner – Literatur für die ZukunftGeschichten können vieles: berühren, sensibilisieren, mitreissen. Die Fünf-vor-zwölf-Rhetorik tut nichts davon, sagt Martin Puchner, Professor an der renommierten Harvard Universität. Wollen wir die Krisen unserer Zeit meistern, brauchen wir neue und bessere Erzählungen. Die Menschheit erzählt Geschichten, seit sie der Sprache mächtig ist. Erforscht man die Weltliteratur, erforscht man deshalb immer auch sich selbst. Für Martin Puchner, Professor für Literaturwissenschaft und Komparatistik an der renommierten Harvard Universität in den USA, liegen in diesen Zeugnissen die Schlüssel zum Verständnis heutiger Krisen. So ist bereits das Gilgamesch-Epos, das rund 4000 Jahre alt ist, eine Katastrophenerzählung, wie sie Hollywood nicht besser erzählen könnte. In der Bewegung der «Prepper», die sich zu Selbstversorgern ausbilden, um beim grossen Showdown zu überleben, erkennt Puchner die Wiederbelebung des Mythos von Noah, der sich und seine Lieben mit einer Arche rettete. In unseren Geschichten erkennen wir aber nicht nur uns selbst, mit Geschichten können wir uns auch neu erfinden. Die Frage ist bloss: Welche Narrative prägen die Zukunft – und welche Medien? Denken wir weit in die Zukunft, wird die Menschheitsgeschichte irgendwann ein leises Kräuseln auf dem Ozean der Ewigkeit gewesen sein. In Zeitkapseln werden heute Botschaften versteckt für Zivilisationen, die vielleicht nach uns kommen. Doch wird sie je jemand entziffern können – und vor allem: Warum wird das getan? Barbara Bleisch trifft den umtriebigen Harvard-Professor am Zürcher Philosophie Festival zum Gespräch.
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Folge vom 20.01.2024Paul Feyerabend – Erkenntnis für freie Menschen!Die wissenschaftliche Methode: gibt es nicht! Und auch keinen Erkenntnisfortschritt zu der Wahrheit. Höchste Zeit deshalb, die Naturwissenschaft basisdemokratisch zu regulieren! So der vor 100 Jahren geborene Philosoph Paul Feyerabend. Welche Bedeutung haben seine Thesen für unsere Gegenwart? Für viele ist er einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Für andere gilt der 1924 in Wien geborene Paul Feyerabend „als grösster Feind der Wissenschaft, ja als Vordenker heutiger Querdenker. Sich selbst bezeichnete Feyerabend, langjähriger Professor an der ETH Zürich, als erkenntnistheoretischen Anarchisten und Pluralisten. Mit Werken wie „Wider den Methodenzwang oder „Erkenntnis für freie Menschen stieg er in den 1970er Jahren vom kalifornischen Berkeley aus zu einer Ikone linker Gegenkultur auf. Und er wirkte mit seinen genialen Polemiken und Performances über Jahrzehnte als lebendig gewordener Alptraum akademischer Philosophie. Zum 100. Geburtstag des 1994 in der Schweiz verstorbenen Selbstdenkers spricht Wolfram Eilenberger mit dem Zürcher Wissenschaftshistoriker Michael Hagner über die Wichtigkeit von Feyerabends Impulsen für unsere wissenschaftsdurchdrungene Gegenwart.