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Folgen von Forschergeist

100 Folgen
  • Folge vom 05.09.2019
    FG071 Wirtschaft und Wettbewerb
    "Die Wirtschaft soll möglichst allen dienen – aber löst sie diesen Anspruch wirklich ein? In gar nicht wenigen Märkten sind Angebot und Nachfrage aus dem Lot, wird die sich wechselseitig ausgleichenden Kräfte des Wettbewerbs gestört sind. Weil neue Anbieter keinen Marktzugang bekommen. Weil natürliche Begrenzungen keinen funktionierenden Markt entstehen lassen. Oder weil Behörden in ihrer Kontrollfunktion versagen. Verkehr, Energie, Rundfunk, Telekommunikation oder auch Drogen – alles Beispiele für Märkte, die durch politische Regulierung anders aussehen, als wenn man ihre Akteure einfach frei machen ließe. Zu wettbewerbspolitischen Grundsatzfragen meldet sich Justus Haucap (Jahrgang 1969) immer wieder in der Öffentlichkeit, und sein Wort hat Gewicht. Vielen wurde er als Leiter der Monopolkommission bekannt, als er etwa die Abwrackprämie für Autos als „Geldverschwendung auf Kosten des Steuerzahlers“ geißelte. Der Wirtschaftswissenschaftler lehrt heute an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und ist Gründungsdirektor des dort ansässigen Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE). Haucap ist ein streitbarer Verfechter von Wettbewerbsprinzipien in der Marktwirtschaft und bezieht klare Positionen – auch gegen eine in Deutschland anzutreffende innovationskulturelle Verklemmung, die alles Neue erst einmal blockiert. Er erklärt nicht nur, was das mit der Fußball-Weltmeisterschaft zu tun hat. Auch das öffentlich-rechtliche Mediensystem, das viel Geld für bildungsferne Inhalte ausgibt, bekommt sein Fett weg. Und Haucap schaut durch die Brille des Ökonomen auf die Schattenwirtschaft des Cannabismarkts, bei dem Verbote nicht zu dessen Austrocknen geführt haben, sondern dazu, dass Konsumenten schlechte Ware für höhere Preise erhalten."
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  • Folge vom 29.07.2019
    FG070 Nachhaltigkeit und die Stadt
    Der Begriff Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Doch was heißt das eigentlich konkret? Bedeutet Rücksicht auf die Umwelt und Nachwelt zu nehmen, grundsätzlich Verzicht? In jedem Fall sind dicke Bretter zu bohren, denn es geht um nichts weniger als einen Kulturwandel, der sich in vielen kleinen Schritten vollzieht. Einen umfassenden Ansatz probiert man nun im Maßstab eines Karlsruher Stadtteils ganz praktisch aus. Dazu weiß Oliver Parodi mehr. Am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS), das zum Karlsruher Institut für Technologie KIT gehört, beschäftigt er sich vor allem mit Fragen nachhaltiger Stadtentwicklung. In einem „Reallabor“ wollen Wissenschaftler und Stadtentwickler gemeinsam mit Bürgern eine umfassende nachhaltige Entwicklung der Karlsruher Oststadt auf den Weg bringen, und zwar für die Themen Energie, Mobilität, sozialer Raum und Konsum. In dem von Parodi geleiteten Reallabor werden also Praktiker aus Kommunen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft von Anfang an in den Forschungsprozess einbezogen und arbeiten miteinander auf Augenhöhe, um konkret die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern. Das Projekt erhielt 2019 den Forschungspreis Transformative Wissenschaft, den das Wuppertal Institut gemeinsam mit der Zempelin-Stiftung im Stifterverband verleiht. Oliver Parodi vereint selbst verschiedene wissenschaftliche Welten in seiner Person. Ursprünglich hat er Bauingenieurwesen studiert und sollte eine der Familie gehörende Baufirma übernehmen. Doch dann schloss er lieber ein Studium der Angewandten Kulturwissenschaft an. Heute will er an der zum KIT gehörenden Karlsruher Schule der Nachhaltigkeit durch transdisziplinäre Ausbildung die Ansprüche von Mensch, Technik und Umwelt zusammenführen.
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  • Folge vom 30.06.2019
    FG069 Islamische Ästhetik
    Waren mit explizit christlichem Bezug findet man in deutschen Kaufhäusern keine. Deswegen mag in den Augen des säkularisierten Westens die Kultur islamischer Länder so fremdartig wirken, denn dort ist die Produktgestaltung stark mit Religiosität und moralischen Vorstellungen durchflochten. Eines der auffälligsten Beispiele dafür: eine Barbie-Puppe mit Verschleierungs-Outfit. Doch wer genauer hinschaut, entdeckt im Orient eine schillernde Warenwelt, in der es nicht die ganze Zeit um Entsagung geht und an der die Globalisierung keineswegs spurlos vorübergegangen ist. Die Islamwissenschaftlerin Dr. Alina Kokoschka beschäftigt sich in ihrer Forschung mit der Rolle von Dingen des Alltags in islamisch geprägten Ländern. Auf ihren Reisen durch Syrien, den Libanon und in die Türkei hat sie viele Beispiele für Konsumgegenstände gesammelt. Es sind Waren, die als „made for Muslims“ auch im Design eine soziale Funktion besitzen. Mode kann zum Beispiel traditionalistisch sein – oder aber fast subversiv, wenn ein Hijab mit opulenten Mustern bedruckt ist und damit gerade ins Auge sticht. Kokoschka ist Postdoctoral Research Fellow an der Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies. Aus ihrer Dissertation ist das Web-Projekt „Hawass“ entstanden, das die Ästhetik des zeitgenössischen Islams in Bildern zeigt – von Plakaten über Spielzeug und Küchengeschirr bis hin zu Verpackungen, Schildern und urbanen Szenen. Die Online-Plattform soll auch qualitative Feldforschung transparent machen, indem sie für die Forschungsobjekte einen virtuellen Showroom schafft und im Sinne von Open Science zum Austausch mit anderen Wissenschaftlern einlädt. Alina Kokoschka wurde für „Hawass“ mit einem Fellowship im Programm „Freies Wissen“ von Stifterverband und Wikimedia Deutschland gefördert.
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  • Folge vom 30.05.2019
    FG068 Risikoforschung
    Kopf oder Bauch? Wir treffen jeden Tag Entscheidungen und glauben, sie beruhen auf der rationalen Abwägung sachlicher Argumente. Doch das ist ein Irrtum! Viel öfter hören wir auf unser Gefühl. Und damit fahren wir meistens auch ganz gut, denn viele Risiken können wir gar nicht exakt abschätzen. Der Umgang mit Ungewissheiten bei der Entscheidungsfindung hat den Psychologen Gerd Gigerenzer immer schon fasziniert. Er gilt als der Nestor der deutschen Risikoforschung. Der 71-Jährige ist Direktor emeritus des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und hat dort das Harding-Zentrum für Risikokompetenz aufgebaut. Gerd Gigerenzer möchte den Menschen verständlich machen, was unsere Entscheidungen beeinflusst. Die Intuition, auf die wir uns im Alltag so oft verlassen, ist gerade in Führungspositionen geradezu verpönt – zumindest nach außen hin. Bauchentscheidungen lässt ein Vorstand deshalb häufig im Nachhinein durch Zahlenwerk absichern. Gigerenzer warnt vor einer solchen Rechtfertigungskultur, für die viel Zeit und Geld zum Fenster hinausgeworfen wird. Risikokompetenz ist aktueller denn je in Zeiten von Algorithmen und Scoring-Systemen, die unser Leben immer stärker prägen werden. Gigerenzer fordert mehr Risikokompetenz, um Statistiken und Zukunftsprognosen kritisch zu hinterfragen. Das fängt bei der Wettervorhersage an: Was bedeutet eigentlich 30 Prozent Regenwahrscheinlichkeit? Und Data Literacy betrifft auch weniger banale Fragen – wie die Schufa unsere Bonität einschätzt oder welche Therapie uns der Arzt verordnet.
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