"Ich gebe es ehrlich zu: Ich war komplett naiv", sagt Johannes Schurr,
seit Dezember 2017 Bürgermeister des schwäbischen Dorfes Spraitbach in
Baden-Württemberg, im Podcast "Frisch an die Arbeit". "Ich wusste nicht
wirklich, was auf einen Bürgermeister zukommt."
Schurr, 36, ist im benachbarten Mutlangen aufgewachsen. Nach der Schule
ließ er sich bei der regionalen Sparkasse zum Bankkaufmann ausbilden und
wurde schließlich Filialleiter. Spraitbach liegt mit seinen 3.372
Einwohnerinnen und Einwohnern auf der Schwäbischen Alb, rund 55
Kilometer östlich von Stuttgart. "Das sind schon unfassbar ländliche und
dörfliche Strukturen bei uns in Spraitbach", sagt Schurr.
Als 2017 der damalige Bürgermeister verkündete, nicht mehr anzutreten,
entschied sich Schurr zu kandidieren. "Ich war unter 30, Familienvater
und hatte keinen Verwaltungshintergrund – es war eine toughe Wahl." Am
Ende konnte Schurr sie mit 52 Prozent der Stimmen für sich entscheiden.
Seine erste Amtshandlung sei gewesen, einen Beamer für die
Gemeinderatssitzung anzuschaffen – vorher sei dort die Tagesordnung noch
auf Folien kopiert und mit einem Tageslichtprojektor an die Wand
geworfen worden. Sofort danach habe er ein Kartenzahlungsgerät für das
Bürgeramt angeschafft. Mittlerweile, sagt Schurr, der auch auf Instagram
von seiner Arbeit berichtet, habe er viel digitalisieren können,
beispielsweise die Terminverwaltung des Rathauses oder das
Sommerferienprogramm der Gemeinde.
In seinem Beruf könne er viel verändern – und verbessern. "Ich habe
schon den Eindruck, dass meine acht Stunden, die ich am Tag arbeite, der
Gesellschaft nutzen", sagt er. Beispielsweise habe der Ort Räume für
eine dritte Kindergartengruppe gebraucht. "Aber ich wollte keine Wiese
bebauen und dort neue Straßen anlegen lassen", sagt Schurr. Beim Wandern
auf 1.800 Metern Höhe hätte er dann eine Idee gehabt: "Wir bauen den
neuen Kindergarten einfach auf die Umkleidekabine am Sportplatz drauf!"
Dann bräuchte es weder neue Parkplätze noch weitere Straßen, und kein
Quadratzentimeter Grün würde kaputt gemacht. Zurück im Rathaus setzte
Schurr sein Vorhaben um. "Und dann stehst du eineinhalb Jahre später in
diesem Gebäude drin und denkst: Hey, das war meine Idee!"
Im Podcast erzählt Schurr außerdem, weshalb er allen Partnern von
Verstorbenen in seinem Dorf einen persönlichen Beileidsbrief schreibt,
warum die Kneipe Mäxle so wichtig für Spraitbach ist – und wie er sich
jetzt schon auf die Wiederwahl vorbereitet.
"Frisch an die Arbeit" wird jeden zweiten Dienstag veröffentlicht. Es
moderieren im Wechsel Daniel Erk, Hannah Scherkamp und Elise Landschek.
Das Team erreichen Sie unter frischandiearbeit@zeit.de.
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