Als Bundesvorsitzende der Grünen Jugend haben Sie sich gegen ein Bündnis Ihrer Mutterpartei mit der CDU ausgesprochen. Mit Blick auf die bereits existierenden schwarz-grünen Regierungen auf Landesebene dürfte es einige Parteigenossen geben, die Ihrer Forderung nicht zustimmen.
Niemand in meiner Partei wünscht sich Schwarz-Grün. Niemand macht Wahlkampf, um am Ende Schwarz-Grün zu haben. Als Grüne, und besonders als Grüne Jugend, machen wir Wahlkampf, um politischen Wechsel in dieses Land zu bringen. Das kriegt man, meiner Meinung nach – aber auch ganz klar der Parteimeinung nach – nicht hin, wenn man mit der Union zusammen koaliert.
Warum nicht?
Die Union ist gerade diejenige, die die Zukunft an die Wand fährt. Sie ist diejenige, die die soziale Spaltung im Land in den letzten 20 Jahren so krass vorangetrieben hat, wie keine andere Partei. Die Union ist auf dem rechten Auge blind. Und sie hat einfach keine Zukunftsvision. All das steht meiner und vieler anderer Meinung nach in der Partei eben konträr zu der Politik von uns Grünen und von der Grünen Jugend.
Aber es gibt Bündnisse zwischen CDU und Grünen auf Länderebene, zum Beispiel in Baden-Württemberg, wo die Grünen auch von der CDU profitiert haben. Was entgegnen Sie Menschen, die sagen, dass so Mehrheiten zu holen sind?
Ich würde nicht sagen, dass Schwarz-Grün in Baden-Württemberg zum Beispiel oder auch in Hessen erfolgreich ist. Wir sehen, dass die Grünen gerade auch in Baden-Württemberg ein Problem mit der Union haben. Im letzten Monat haben wir Grünen in Baden-Württemberg gesagt: Unser Ziel ist es, mit der SPD zusammen zu koalieren. Wir machen Wahlkampf, um ein grün-rotes Bündnis in Baden-Württemberg bilden zu können.
Der im Bundesland amtierende grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann würde das wohl nicht so radikal formulieren.
Auch Kretschmann ist es eigentlich ein Herzensanliegen, nicht mehr mit der Union zu koalieren. Und ich muss schon sagen, Kretschmann und ich sind in der Partei bestimmt nicht an den gleichen Polen, sondern eher so konträr zu verorten. Doch selbst er sagt: »Die Koalition mit der CDU ist nicht meine Wunschkonstellation.«
Denken Sie nicht, dass die Grünen von den Bündnissen mit der CDU profitiert haben?
Ich würde eigentlich eher sagen, wir haben in den letzten Jahren auch in den Landesregierungen gesehen, wie schwierig es ist, mit der CDU zusammen zu arbeiten. Etwa in Hessen mit der ganzen Problematik rund um den Danni, wo der Koalitionszwang letztendlich dazu geführt hat, dass wir als Grüne den Bau der Autobahn nicht verhindern konnten.
In Baden-Württemberg scheinen Grüne und CDU aber zu harmonieren.
Nein. Wir sehen dort, dass die Bildung gegen die Wand gefahren wird, weil eine Unionspolitikerin Kultusministerin auf Landesebene ist. Für uns ist es in diesen Ländern klar, dass wir eigentlich eine Koalition links der Union brauchen. Aus allen Koalitionen, die auch auf Landesebene derzeit stattfinden, nehme ich noch viel mehr Motivation mit, um auf Bundesebene genau dagegen zu kämpfen.
Die Grünen sind in den letzten Jahren von ihrem eher radikalen Antlitz weggekommen und bürgerlich geworden. Ist es bei der Grünen Jugend auch so?
Nee, bei der Grünen Jugend würde ich nicht sagen, dass wir bürgerlich geworden sind. Wir waren nie bürgerlich und werden es auch nicht sein. Wir sind eine Organisation, die sich klar antikapitalistischen und antifaschistischen Zielen verpflichtet und Politik anhand dieser Ziele macht.

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Folge vom 08.03.2021Anna Peters: »Die Union fährt die Zukunft an die Wand«
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Folge vom 19.02.2021Hanau: Wir Gedenken und ErinnernWir, das ist die Initiative Postmigrantisches Radio, möchten einen Teil dazu beitragen, das Gedenken und Erinnern an die Menschen, die beim rassistisch motivierten Terroranschlag in Hanau am 19. Februar ums Leben kamen, für alle Menschen möglich sein kann und nicht vergessen wird. Wir möchten auch dazu beitragen, dass die Wünsche und die politischen Forderungen der Angehörigen und Betroffenen erfüllt werden. Dafür haben wir einen kleinen Radiobeitrag zusammengestellt, mit dem wir erinnern wollen, dass der 19. Februar kein normaler Tag für die meisten Menschen in Deutschland mehr sein wird. Ein paar Worte zu unserer Initiative: Wir sind eine Gruppe von Menschen, die sich über das Medium des Radios kritisch mit Herrschafts- und Machtstrukturen der weißen Mehrheitsgesellschaft auseinandersetzt. Wir bezeichnen uns als postmigrantisch, migrantisch, queer, kanackisch, BPOC und repräsentieren all das, wovor die AFD und Horst Seehofer Angst haben. Wir sind die Gesellschaft der Vielen, die die Differenz zum Ausganspunkt unseres Schaffens macht und diese Unterschiede im Radio über Diskurs, Politik, Musik und Pop-Kultur zum Thema machen will. Der politische Gedenkbeitrag soll im Rahmen unserer derzeitigen Möglichkeiten daran mitwirken, das Erinnern an Hanau bundesweit zum Thema zu machen und ins Gedächtnis rufen, dass wir alle dafür verantwortlich sind, dass es kein weiteres Hanau geben wird.
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Folge vom 30.06.2020Black Lives Matter: Ein Kampf für jeden TagIn Berlin versammelten sich am vergangenen Samstag (27.06.20) rund 1.500 Menschen zum Black Lives Matter Protest vor der Siegessäule. Es ging darum erneut die Aufmerksamkeit darauf zu legen, welchem Rassismus Schwarze Menschen in Deutschland tagtäglich ausgesetzt sind und, dass der Status Quo unakzeptabel sei, sagte Veranstalter Romeo Hermann. Die Organisationsgruppe aus Afroamerikaner*innen, Migrant*innen und Afrikaner*innen, die in Deutschland leben, sowie Afrodeutschen fand sich vor einigen Wochen zusammen und organisierte die Demonstration über eine Facebookveranstaltung. Die Veranstaltenden legten ganz besonderen Wert auf die Einhaltung des notwendigen Corona-Abstandes und markierten Standplätze so, dass sich die Demonstrierenden auf der ganzen Straße des 17. Juni verteilten. Marie Hecht stellt in ihrem Audiobeitrag für ndAktuell die Frage, was Black Lives Matter in Deutschland bedeutet. Dafür sprach sie mit dem politischen Bildungstrainer, Aktivist und Journalist Adam Baher und fing das Geschehen des Black Lives Matter Protest vor Ort ein, auf dem auch Berênïcé Henke sprach, die vor einigen Wochen einen rassistischen Angriff in einer Rossmann Filiale erlebte. Bereits vor drei Wochen (06.06.20) waren 15.000 Menschen aus Protest gegen Rassismus, rassistische Polizeigewalt und in Gedenken an den Schwarzen US-Amerikaner George Floyd, der von einem weißen Polizisten ermordet wurde, in Berlin auf die Straße gegangen. Nach der letzten Demonstration auf dem Alexanderplatz wurden junge Schwarze Menschen und Menschen of Color von der Berliner Polizei festgenommen und erfuhren dabei genau die Gewalt, gegen die sie kurz vorher demonstriert hatten. In einer Stellungnahme des Linken Block der Silent Demo vom 10. Juni bezüglich rassistischer Polizeigewalt hieß es dazu: »Laut Medienberichten ist von 93 Verhaftungen die Rede. Doch für mindestens zwei Schwarze Teilnehmer*innen endete die Demonstration nach polizeilichen Übergriffen sogar im Krankenhaus. Von den Inhaftierten – teils Minderjährigen – wurden einige erst weit nach 24 Uhr entlassen. […] Da viele von uns selbst vor Ort waren und bis zum jetzigen Augenblick Zeug*innen-Berichte & Video Material zu den einzelnen Fällen zusammentragen und auswerten, besteht für uns kein Zweifel daran, dass diese polizeilichen Gewaltexzesse, Schikanen und Bedrohungen von jugendlichen Demonstrant*innen von einem rassistischen Klima geprägt sind.«