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Comedy & Kabarett

Esel und Teddy

Es gibt auch schlechtere!

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Folgen von Esel und Teddy

768 Folgen
  • Folge vom 30.11.2025
    Oh-de-uh-eff-err-öh-ha-el-ih-zeh-ha-eh
    Der Dezember in Tallinn fühlt sich an, als hätte jemand die Stadt in dünne, kalte Scheiben geschnitten. Wir laufen durch die Altstadt, Schultern hochgezogen, Schritte vorsichtig auf dem glatten Kopfsteinpflaster, zwischen so dicht stehenden Häusern. Auf dem Rathausplatz sehen wir den ersten Buchstaben. Ein schwarzes N steckt schief im Schnee. Direkt daneben, halb unter einer Bank: noch ein S. Wir heben beide auf, sagen nichts. Die Luft ist zu kalt zum Reden. Vor dem Restaurant "Olde Hansa" glitzern drei neue Zeichen im diffusen Licht der Laternen: ein breites W, ein sauberes E und ein I, das Angst hat, umzufallen. Jemand hat sie auf die hölzerne Stufe gelegt, ordentlich nebeneinander, als wären wir zu spät zu einem sehr merkwürdigen Treffen gekommen. Im Katharinengang.  Die Mauern verengen sich, die Schatten hängen schwer. An der Steinwand lehnen vier Buchstaben, in einer Reihe, zu perfekt, um Zufall zu sein: H, A, C, noch ein H. Zwei identische H, wie Klammern, die etwas Unsichtbares zusammenhalten. Wir spüren beide, dass wir dasselbe denken: Jemand erwartet, dass wir das sehen. Auf dem Weg zur Patkulschen Aussichtsplattform, wo die Stadt unter uns liegt wie eine tiefgefrorene Modellandschaft, treten wir beinahe auf die Buchstaben: T, L, D, Ö. Sie liegen im Schnee, als hätte jemand sie im Gehen fallen lassen, aber sie sind unberührt, keine Fußspur, kein Schleifrand, nur weiße Kälte und diese vier Zeichen. In der schmalen Gasse neben dem Restaurant Hell Hunt, wo der Rauch aus der Türöffnung quillt und nach Bier und Fett riecht, stoßen wir auf drei weitere Buchstaben: ein schweres B, ein zweites S und ein zweites I. Sie kleben fast am Boden, als wollten sie nicht mehr mitgenommen werden. Wir tun es trotzdem. Am Rand der Altstadt, in de Nähe der Laborbar, wo sie Cocktails in Reagenzgläsern servieren, reißt uns ein plötzlicher Windstoß aus dem Trott. Zwei dunkle Formen rollen über das Eis direkt vor unsere Füße: ein weiteres N und gleich dahinter noch ein N. Das dritte. Und das vierte. Dicht beieinander, als wollten sie sich nicht trennen. Wir stehen mitten im Zugwind, halten eine Handvoll Buchstaben, die sich kalt und irgendwie falsch anfühlen, und wissen plötzlich sehr genau: Wir sind in dieser Stadt nicht einfach spazieren. Wir werden gelenkt. Buchstabe für Buchstabe. Aber egal, wir packen die Dinger in den Rucksack und gehen erstmal zu Peters Weihnachtsfeier.
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  • Folge vom 23.11.2025
    Ach, wie schön ist doch die Weihnachtszeit
    Ich renne los als hätte mich jemand aus einer alten Folge geschubst und in ein grelles Kaufhaus geworfen und in meinem Kopf schreien die Stimmen von Teddy und mir selbst über Pfeifen von Nick Knatterton über BMX-Fahrräder ohne Schutzblech über beige Kleidung zu schwarzen Rädern und alles rauscht und ich brauche ein Geburtstagsgeschenk jetzt sofort und die Dinge springen mich an Charcuterie-Bretter Käse Walnüsse Marmor den niemand mag seit er keinen Purpurmantel mehr trägt und ich greife nach einem Dutch Oven in dem eine Unbekannte Miesmuscheln umrührt als sei das das Normalste doch das Geschenk passt nicht es ist zu schwer zu ernst zu gusseisern und ich stolpere weiter durch Regale voller Kissen Duftsets Tassen in Farben in denen Teddy keinen Kaffee trinken könnte weil Blau nicht zu Braun passt und ich höre ihn sagen dass manche Farben gegen Getränke rebellieren und ich laufe weiter in einen Raum voller Taschen die aussehen wie Früchte Limettenscheiben Zitronenhälften und ich stelle mir vor wie Teddy das tragen müsste und ich schäme mich schon beim Denken und renne wieder los bis ein Koffer auftaucht olivgrün stabil er schreit nimm mich aber wer schenkt denn einen Koffer und ich flüchte in die nächste Abteilung und dort liegen Wobbles zum Häkeln und ich höre mich sagen Teddy häkelnd niemals und ich drifte zu Malen-nach-Zahlen Segelboote über wilden Wellen wie im Leben und ich denke ja meditativ aber nein nicht für heute nicht für dieses Geburtstagskind und ich werde weitergewirbelt bis ein Lego-Set auftaucht Schokoladenfabrik bunte Figuren teuer wie Schuldgefühle und ich weiß nein das ist es auch nicht und ich treibe hinaus in einen kleinen chaotischen Laden der aussieht wie der Rest des Tages und plötzlich liegt es da ein Geschenk so dumm dass es funkelt ein Passport-Cover in einer Farbe die sich nicht entscheiden kann ob sie existieren will ein Ding das keinen Pass richtig schützt und in keine Tasche passt und gerade deshalb perfekt ist denn ich habe es selbst entdeckt ohne KI ohne Holiday-Listen ohne Empfehlungen und Algorithmen und ich lache laut in den Raum hinein und nehme es mit und fühle ein kleines Triumphfeuer weil ich endlich etwas gefunden habe das so absurd ist dass es genau richtig ist für diesen Tag für dieses Geschenk für mich den Esel der es ohne jede künstliche Hilfe geschafft hat. Link zur Folge: https://www.google.com/shopping/holiday100 
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  • Folge vom 16.11.2025
    Ich schaue auch gerade mal so ein bisschen auf die Uhr
    Die Sonne schlägt mir wieder ins Gesicht, schlechtgelaunt, und ich soll nun, ausgerechnet jetzt, eine nüchterne Zusammenfassung dieses Gesprächs verfassen. Nüchtern! Ich habe doch schon seit Tagen – oder ... Jahren? – kein verlässliches Zeitgefühl mehr. Die Uhr über der Tür ist stehen geblieben, vermutlich aus Solidarität. Das Gespräch begann um… Ja, nun, irgendwann zwischen Sonnenaufgang und der Erinnerung an diese eine alte Folge, in der wir 16 Minuten lang geschwiegen haben. Vielleicht war es also auch einfach Stille, die diplomatische Variante davon jedenfalls. Teddy sprach über Kooperation, Zukunft, Vergangenheit – und ich nickte weise, während mein Geist zu „Liebe in Zeiten der Diarrhoe“ abbog.  Ich kritzle: Die Atmosphäre war konstruktiv. Das stimmt sogar irgendwie; wir konstruierten schließlich beide fleißig Ausreden, um das Gespräch möglichst früh zu beenden. Der Mezcal im Schatten des Vulkans rief lauter als jede Agenda. Und doch steckt in all dem ein weicher Kern von Traurigkeit: Dieses Gefühl, dass die Zeit nicht mehr linear verläuft, sondern wie eine unaufgeräumte Podcast-Playlist durcheinanderstolpert. Dass jeder Versuch, Ordnung hineinzubringen – sei es diplomatisch oder persönlich – im warmen Staub Mexikos verpufft. Ich beende meinen Bericht mit einem letzten Satz, der wahrer ist als alles zuvor: Das Gespräch fand statt. Die Zeit nicht.
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  • Folge vom 09.11.2025
    Hängegeranien, weil ich dich so liebe
    Auf dem Heimweg, als die Stadt bereits in jenes feuchte Dämmerlicht sank, das dem Spätherbst eine gewisse Würde verleiht, fand er – nicht aus Zerstreutheit, sondern gleichsam als leiser Auftrag an sein fühlendes Vernunftwesen – Blumen auf dem Pflaster, einzeln, wie sorgsam hingelegt. Eine gelbe Rose zuerst: die nüchterne Freundschaft, dachte er, nicht ohne das säuerliche Aroma des Verdachts, den die Farbe im Herzen alter Geschichten führt. Dann eine Orchidee, schmal, von beinahe intellektueller Kälte; er fühlte sich gemustert und doch milde gelobt. Eine Iris lag weiter vorn, und mit ihr, wie aus dem Nichts, jenes nervöse Aufflackern des Schöpfergeistes, das ihn manchmal auf dem Heimweg überfiel. Schließlich eine Calla – reine Form, höfliche Faszination – und, wie ein Schatten am Rand der Empfindung, ein Stück Mohn, das in seiner weichen Schwärze etwas von Selbstverlorenheit versprach. So geführt, ließ er die belebte Straße hinter sich. Ein Haselzweig lag quer über dem Pfad: Sehnsucht, ja; die Luft roch nach nassem Holz und nach dem Zufall, der gar keiner war. Er ging weiter, und als die Stadt ganz verstummt war, stand die Hütte – nicht romantisch, vielmehr zweckmäßig, doch in einer Würde, die das Nötige mit dem Schicksal verwechselte. Dort wartete ein Mann, der im Halbdunkel die Ruhe einesjenigen trug, der seine Geschichten nicht eilig hat. Er bat den Ankömmling hinein, wärmte die Hände am gusseisernen Ofen und sagte ohne Prunk: Die Lotophagen. Und er erzählte – nicht schwärmerisch, sondern mit jener trockenen Humanität, die Unerhörtes erträglich macht – von Odysseus’ Männern, die den süßen Lotus kosteten, Vergessen fanden und das Heim vergaßen, ja, den Willen selbst, und wie schwer es sei, den Menschen aus der betäubenden Gnade der Gegenwart in die strenge Arbeit der Rückkehr zu heben. Der Zuhörer nickte, und während die Worte sich setzten wie Schnee, schob sich in sein Inneres die heitere Strenge einer Kornblume: Hoffnung, schlicht und blau. Der Mann am Ofen lächelte, griff nach einer verkratzten Mandoline und sang, ohne falsche Scham, nur die Überschrift seines Liedes, die schon alles sagte: „Blau blüht der Enzian“. Die vier Silben standen im Raum wie ein blauer Hut auf grauem Mantel; und als er „blau blüht der Enzian“ wiederholte, sah der andere tatsächlich eine alpine Klarheit vor sich, Enzian als Bewunderung, vielleicht auch als Dank, und spürte in sich eine Bewegung, die weder Eitelkeit (Hortensie) noch Verschwiegenheit (Veilchen) war, sondern das still geneigte Wissen, dass ein Mensch, der die Sprache der Blumen beherrscht, auf eigene Weise schön ist. Sie redeten nicht mehr viel. Das Feuer nahm die letzten Töne in sich auf; draußen stand der Wald. Als es Zeit wurde – und sie wussten beide, dass Zeit immer auch Urteil bedeutet – trat der Erzähler näher, hielt ihm eine kleine, unauffällige Edelweiß-Blüte hin. „Für die Treue“, sagte er, „für die Liebe.“ Dann, mit einem feinen, beinahe gelehrten Lächeln, drehte er die Blüte langsam kopfüber. „Und – du kennst die Regel – wenn eine Blume hängt, sagt sie das Gegenteil.“ So war es eine Blume und doch zwei Worte: Liebe, und, im sanften Senken, Abschied. Der Heimkehrer nahm sie, als nähme er eine Aufgabe an, und ging in den Wald hinaus, leicht beschwert, mild geklärt, während hinter ihm das kleine Haus die Wärme der Erinnerung sammelte wie eine Jasminhecke ihren Duft. Links zur Folge: Welche Blume entspricht Ihrer Persönlichkeit? https://bart-bastian.eu/quiz Blumensprache (Wikipedia) https://de.wikipedia.org/wiki/Blumensprache Die Lotophagen (Wikipedia) https://de.wikipedia.org/wiki/Lotophagen#:~:text=5%20Anmerkungen-,Lotophagen%20in%20der%20Odyssee,und%20den%20Zweck%20ihrer%20Landung. Heino’s „Blau blüht der Enzian: https://www.songtexte.com/songtext/heino/blau-bluht-der-enzian-43ce0b07.html
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