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Dr. Schmidt erklärt die Welt

Als Universalgelehrter der nd.Redaktion weiß der Wissenschaftsredakteur Dr. Steffen Schmidt auf fast jede Frage eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eben eine andere. Alle Folgen zum Nachhören auf dasnd.de/schmidt

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Folgen von Dr. Schmidt erklärt die Welt

111 Folgen
  • Folge vom 17.10.2020
    Ist die Antike älter als gedacht?
    Ich habe im Radio gehört, dass die Antike älter sei als angenommen. Denn es gibt ein neues Messverfahren, die C14-Methode. Kennst du die? Neu ist daran nichts. Die C14-Methode, auch Radiokarbonmethode genannt, ist ziemlich alt. Dafür gab es sogar schon mal einen Nobelpreis: 1960 für Willard Frank Libby. Man kann damit das Alter von Dingen bestimmen, die Kohlenstoff enthalten, also von organischen Funden wie Holz, Knochen, Resten von Pflanzen oder Nahrung, zum Beispiel in Tonscherben. Denn zu Lebzeiten dieser Organismen wurde Kohlenstoff eingelagert. Davon gibt es mehrere Isotope, die eine unterschiedliche Zahl von Neutronen besitzen und deshalb unterschiedlich schwer sind. Der normale Kohlenstoff ist C12. Der hat zwölf Teilchen im Kern. Und C14 hat eben zwei mehr, ist instabil und zerfällt radioaktiv, wenn auch sehr langsam. Das ist das Schöne, denn damit kann man diese Datierungen machen. Okay, und was ist jetzt das Neue? Bei antiken Funden aus dem Mittelmeerraum hatte man diese Methode bisher kaum genutzt. Als man es tat - siehe da, da fing die Antike schon mindestens hundert Jahre früher an. Allerdings ist auch die Radiokarbonmethode nicht ohne Tücke. Denn das C14 hat sich in der oberen Atmosphäre nicht konstant gebildet. Wenn das Erdmagnetfeld sich mal geändert hat oder ein großer Sonnensturm war, dann entstand auch mal mehr C14 als normalerweise. Man braucht also außerdem noch ein Eichsystem. Und als Eichsystem dienen unter anderem alte Holzreste und deren Jahresringe. Was bringt es, dass man die Antike hundert Jahre vordatieren kann? Man kann viele Sachen, die man vielleicht vorher in den falschen Zusammenhang gestellt hat, anders einordnen. Bei der Himmelsscheibe von Nebra wäre das interessant gewesen, aber sie enthielt leider keinerlei geeignete Reste. Und sie wurde von Grabräubern entdeckt. Das ist immer blöd für die Archäologen, weil der Fundzusammenhang zerstört ist. Das Objekt taucht auf wie Kasper aus der Kiste. Bis ins 19. Jahrhundert war Archäologie nur mit sehr viel gutem Willen von Grabräuberei und Schatzsuche zu unterscheiden. Wolltest du mal Archäologe werden? Witzigerweise ja. In der 10. Klasse. Dann hat mein Vater mich zu einem Archäologen mitgeschleppt, und da kam ich auf den Trichter, dass man als Archäologe in der DDR wohl die meiste Zeit in irgendeinem Museum zubringt. Das fand ich dann doch nicht so toll. Aber jetzt könntest du im Alter ja noch umschulen. Das wär wohl etwas viel. Man sollte nicht unterschätzen, dass das Lernen mit dem Alter auch immer schwieriger wird. Oder wolltest du jetzt mal Physik machen?
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  • Folge vom 10.10.2020
    Tot, aber gefährlich
    Masken sind jetzt auch beim »nd« Pflicht. Ich trage am liebsten diese leichten Einwegmasken, will aber keine Müllberge produzieren. Bedeutet denn »Einweg« einen Weg in den Großraum, oder soll man sich beim Wechseln eher an der Unterwäsche orientieren, wie ein Kollege meinte? Ursprünglich sind die Dinger tatsächlich zum einmaligen Gebrauch entwickelt worden. Also wenn sie man einmal aufhatte und wieder absetzt, sind sie Müll. Praktisch haben sich andere Überlegungen aufgetan. Nur hat sich in unserer wundervollen Wegwerfgesellschaft noch keiner richtig wissenschaftlich damit beschäftigt. Nach Vergleichsuntersuchungen wäre das effektivste Sterilisierungsverfahren der Dampf von Wasserstoffperoxid, dem Zeug, was man zum Blondieren nimmt. FFP2-Masken soll man bei 121 Grad in den Backofen stecken, hab ich gelesen. Es gibt Studien, die den Backofen durchaus als Möglichkeit sehen. Aber 70 Grad reichen. Allerdings dauert es eine Stunde. Und offenkundig kommt es auf die Versuchsanordnung an, wie gut die Dinger die Hitze dann übersteht. Die Baumwollmaske lässt sich wesentlich unkomplizierter sterilisieren, zum Beispiel mit heiß Bügeln. Sonne soll auch gegen Viren wirken. Ja, Viren mögen nicht, wenn es zu trocken wird. Außerdem kommt die Sonne ja mit einem gewissen Rest an Ultraviolettstrahlung des Wegs. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob die in unseren Breiten - zumal jetzt, wo es auf den Winter zugeht - ausreicht. Also bei -5 °C, tief am Horizont, hilft sie wohl eher nicht? Nee, zumal bei -5 °C machen die Viren auf tiefgekühlt. Und der Tiefkühler, der sehr schön gegen Läuse, Kleidermotten und Bettwanzen hilft, bringt gegen Viren gar nichts. Die meisten sind nach dem Auftauen wieder frisch und lebendig. Wobei man streiten kann, inwieweit sie lebendig sind, weil Viren ja eigentlich nur eine Erbinformation sind. Also möglicherweise sind sie tot und trotzdem gefährlich. Wie ist es mit UV-Lampen, die angeblich das Telefon keimfrei machen? Wäre das auch eine Variante für Stoff- oder Papiermasken? Ja sicherlich, wenn man die eine Stunde in eine UV-Quelle hängt, dürfte das schon okay sein. Allerdings sind UV-Strahlen nicht nur für Viren, sondern auch für Menschen schädlich. Wenn auf glatten Oberflächen nach 48 Stunden so gut wie kein Coronavirus mehr nachweisbar ist, reicht es dann nicht auch, einfach zwei, drei Tage zu warten? Textilien sind nicht so glatt. Vor allen Dingen hält sich Feuchtigkeit eine ganze Weile. Aber ich denke, nach ein paar Tagen sind die Viren auch weg, wenn die Masken trocken und warm hängen. Und warum reichen beim Händewaschen 20 Sekunden, egal bei welcher Temperatur? Händewaschen mit Wasser würde nicht viel bringen. Aber Seife ruiniert jedes behüllte Virus. Dann könnte ich meine Stoffmasken also auch eine Stunde in Seifenwasser stecken? Wahrscheinlich. Vielleicht würde das sogar bei niedrigeren Temperaturen funktionieren. Ist mir aber auch nicht bekannt, ob das mal einer verifiziert hat. Bauen würde ich darauf nicht.
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  • Folge vom 03.10.2020
    »Gold kann man eben nicht essen«
    Wer es sich leisten kann, soll in Gold investieren, heißt es immer in Wirtschaftskrisen, auch jetzt wieder. Ist Gold wirklich so sicher? Sicherlich hat man Vorteile, wenn man Dinge besitzt, die selten sind. Betrachtet man aber die Nachkriegszeit oder die Inflation der 1920er Jahre, dann konnte man für Gold zwar Lebensmittel eintauschen, aber meistens zu einem Preis, der in keinem Verhältnis stand zu jenem, den es einstmals gekostet hatte. Gold kann man eben nicht essen. Obwohl man Gold sehr wohl in Lebensmitteln vorfinden kann: Es gibt tatsächlich so einen Schwachsinn im Luxusbereich, dass irgendwelche Süßwaren vergoldet werden. Oder eine Currywurst auf Sylt. Und dann gibt es natürlich noch Schnaps, in dem Blattgold drin ist: Goldwasser. Und das Gold, das man sich in die Löcher der kariösen Zähne stopft? Echtes Gold, allerdings in der Regel legiert mit anderen Metallen, weil Gold allein zu weich ist. Da fahre ich mit meinem preislich günstigeren und wesentlich härteren Titan besser. Und der Dollarpreis ist auch zu weich? Seit der Goldstandard in den 70er Jahren aufgehoben wurde? Nö, nominell ist Gold teurer geworden, seit die USA die Golddeckung des Dollars aufgegeben haben, weil sie ihre Staatsverschuldung in eine Größenordnung getrieben hatten, bei der diese Deckung nicht mehr zu halten war. Goldgewinnung ist doch umweltschädlich? Ja, eine ziemliche Sauerei. Weil man für ein paar Gramm Gold etliche Tonnen Gestein aus der Erde graben muss. Und die Goldsucher im Amazonas-Urwald benutzen Quecksilber, um das Gold aus dem Gestein zu holen. Nicht besser ist das industrielle Verfahren, bei dem das goldhaltige Material mit Zyanid ausgelaugt wird. Alles hochgiftig. Und das alles für Schmuck. Nicht nur. In einem Computer-Board sind viele Kontakte vergoldet. Das sind zwar keine großen Mengen, aber es stecken in jedem Handy, in jedem Computer durchaus auch ein paar Milligramm Gold drin. Aber Fort Knox in den USA mit seinen Goldschätzen hat ausgedient? Da ist Gold drin, aber man kann damit keine Währung mehr decken. Der alte James-Bond-Film »Goldfinger«, in dem Fort Knox radioaktiv verseucht werden soll, ist überholt. Um die Weltwirtschaft durcheinanderzubringen, ist der Plan aus einem anderen Bond-Film - übrigens auch mit »Gold« im Titel, nämlich »Golden Eye« - erfolgversprechender: Da soll mithilfe eines elektromagnetischen Pulses, also einer Atomwaffe, die in der Erdumlaufbahn gezündet wird, die Elektronik plattgemacht werden. Übrigens fliegt Gold im All fein verteilt herum, entstanden bei Sternexplosionen. Da kommt man aber nicht ran.
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  • Folge vom 26.09.2020
    Kann Wind einen Strand ins Meer wehen?
    Ich war im Sommer erstmalig auf Amrum in der Nordsee. Da gibt es einen sehr breiten Strand, man braucht vom Uferweg zum Meer eine halbe Stunde. Und man denkt, man ist in einem Sandsturm, so sehr weht einem der Sand ins Gesicht. Wird der Wind den Strand irgendwann komplett ins Meer geweht haben, was denkst du? Das wäre theoretisch möglich, aber in der Regel wird es so laufen, dass der Wind einen Teil des Sands zwar ins Wasser trägt, aber die Wellen ihn wieder zurück an Land spülen. Dieser Sand auf Amrum heißt Kniepsand. Und den gibt es angeblich in dieser Form nur dort. Zumindest gehört er geologisch nicht zur Insel, sondern zum Meer. Eine vorgelagerte Sanddüne, wie bei anderen nordfriesischen Inseln auch. Nur hat hier die gestaltende Kraft von Wasser und Wind die Sandbank auf die Insel zu gedrückt. Es gibt auch den umgekehrten Fall, zum Beispiel auf Amrums Nachbarinsel Sylt, wo bei Sturm immer mal wieder Strand im Meer verschwindet und man Sand aufschütten muss. Wenn die Strände an Masse verlieren, liegt das eher am Wasser als am Wind. Die Nordseeinseln ändern ständig ihre Form? Ja, Borkum zum Beispiel. Sah mal aus wie ein abgerundetes Rechteck und hat sich im Verlauf der letzten 200 Jahre bestimmt um zehn Grad gedreht. Da wird an der einen Ecke ein Teil des Sandes abgeschwemmt und auf der anderen wieder angeschwemmt. Und der Meeresspiegel selber, sinkt der oder bleibt er immer gleich? Wenn wir keinen Klimawandel hätten, würde er gleich bleiben. Jetzt kommt aber das abschmelzende Eis von Grönland und Teilen der Antarktis dazu. Die allseits beliebten Fernreiseziele im Pazifik mit den Taucherparadiesen haben bald nur noch Tauchen. Und bleibt die Sandmenge gleich? Nein. Der Sand ist ja nichts weiter als fein zerkleinertes Gestein, das auf dem Meeresboden landete. Daraus kann auch wieder Gestein werden. Unser Elbsandsteingebirge besteht aus ehemaligem Meeresgrund. So wie die ganze Kalkplatte, auf der Frankreich und Teile von Südengland liegen. Und wie ist es bei dir: Berge oder Meer? Eine schwierige Frage. An sich sind Berge schön, zumal beim Runtergucken, das Hochlaufen allerdings ist anstrengender. An der See ist es nicht ganz so anstrengend, aber dafür ist es nasser. Vielleicht werden die Berge eines Tages verrieben. So wie in dem Gedicht des hessischen Kabarettisten Matthias Beltz: »Parmesan und Partisan/ Wo sind sie geblieben?/ Partisan und Parmesan/ Alles wird zerrieben.« Jaaa, wobei so manche Partisanen später Politiker geworden sind.
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