Wie bereits angekündigt, blicke ich für Dich auch mal auf die theoretische Seite der Verhandlungsführung. Aus diesem Grund habe ich in der letzten Episode einen genaueren Blick auf das Harvard-Konzept geworfen. Heute schaue ich auf ein weiteres Konzept, das Schranner-Konzept. Lass mich allerdings an dieser Stelle noch schnell etwas klarstellen. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich knapp 4 Jahre lang für und mit Matthias Schranner zusammengearbeitet habe und es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass diese Jahre sehr prägend für mich gewesen sind. Naja – wäre ja auch schlimm, wenn nicht… Worauf ich allerdings direkt hinweisen mag: Mir fehlt es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit an der ein oder anderen Stelle an Objektivität, das solltest Du beim zuhören berücksichtigen. Weshalb ich jedoch der Meinung bin, dass neben Harvard nur dieses Konzept es verdient hat hier erwähnt zu werden, habe ich ja bereits in Episode 60 dargestellt. Wie dem auch sei – wenn Du dich intensiver mit Matthias' Vorgehensweise in Verhandlungen auseinandersetzt, dann werden dir einige Dinge, die du schon vom Harvard-Konzept her kennst, wieder begegnen. Denn auch er hat, wie nahezu alle Coaches, Berater, Trainer usw. das „Rad nicht neu erfunden", sondern naja „lediglich" seine eigenen Erfahrungswerte aus seiner Arbeit und seinen Ausbildungen zu seiner eigenen Vorgehensweise geformt. Das allerdings sehr eindrucksvoll und in meinen Augen sehr hilfreich. Wichtig ist ebenfalls noch zu erwähnen, dass er sich mit seiner Vorgehensweise auf 5% der Verhandlungssituationen konzentriert. Bevor ich auf die eigentlichen Prinzipien, wie sie bei Schranner heißen, eingehe, stelle ich die beiden Konzepte kurz gegenüber: Es gibt sicherlich mehrere Unterschiede und ich gebe Dir hier auch nur einen kleinen Auszug aus meiner Wahrnehmung. Einen ersten Unterschied sehe ich schon in der Vorbereitung. Du konzentrierst dich im Rahmen der Vorbereitung gemäß Schranner-Konzept auf dich selbst – also auf die eigene Vorbereitung, die eigenen Ziele, die eigenen Forderungen – was der Gegenseite wichtig ist, spielt vor der Verhandlung „keine" Rolle, denn deren Sichtweisen, Werte etc. können nur erraten werden. Es wird also dazu geraten, den Gegenüber nicht im Rahmen der Vorbereitung zu analysieren. Was ich als weiteren kleinen, jedoch feinen Unterschied zwischen Harvard und Schranner ansehe, ist der Umgang mit der „Warum" Frage, die Harvard im Rahmen der Interessenforschung stellt. In seiner Lehre hat diese Frage keinen Platz, denn sie verursacht Schuldzuweisungen. Daraus entstehen Emotionen, die zu diesem Zeitpunkt nicht geplant sind. Einigkeit herrscht bei dem Ziel, Vertrauen aufzubauen und dadurch eine gute Beziehung zum Gegenüber herzustellen. Auch beim Punkt „Person und Sache voneinander trennen" werden laut den Büchern Unterschiede deutlich. Wo das Harvard-Konzept die Sache, also den Verhandlungsgegenstand und die Person, die mit dir verhandelt voneinander trennen mag, trennst Du laut Schranner-Konzept nur das Verhalten von der Person. Die Vorgehensweise des Harvard-Konzepts setzt eine extreme Rationalität voraus. Diese greift das Schranner-Konzept zwar auch auf, jedoch werden auch die Emotionen berücksichtigt. Der in meinen Augen größte Unterschied, ist der Fokus auf den eigenen Anteil, was ja auch schon bei der Vorbereitung leicht deutlich wurde. Die Aussage „SIE WOLLEN GEWINNEN" lässt für mich nur mit viel Fantasie Spielraum für den Win-Win Ansatz. „Play to win" – diesen Slogan kennst Du vielleicht vom E-Sport Sponsor Logitech G, ist eins der Prinzipien, die das Schranner-Konzept für sich beansprucht. Die Orientierung an US-Sportarten, bei denen es nur einen Gewinner kein Unentschieden gibt, ist hier die gewählte Metapher. Deshalb unterscheiden sich auch die beiden Ansätze bei der Ergebnisfindung. Das Harvard-Konzept sieht vor, dass das Ergebnis auf objektiven Kriterien basiert. Das Schranner-Konzept hingegen stellt diese Objektivität in Frage, da die persönliche Wahrnehmung z.B. von „richtig oder falsch" immer mit in die Objektivität einfließt, was die Verhandlung nur unnötig erschwert. Insgesamt habe ich das Harvard-Konzept immer als sehr theoretisch wahrgenommen, das Schranner-Konzept ist da deutlich praxisorientierter. Die Ursachen dafür liegen auf der Hand, denn im Gegensatz zu Fisher, Ury und Patton, die, überspitzt dargestellt in Ihrer wunderschönen und namhaften Universität in den USA sitzen und theoretische Konzepte entwickeln, berät Matthias weltweit aktiv Unternehmen – und das spürt man – naja- ich zumindest. Nun, wie schaut das ganze jetzt Inhaltlich aus? Matthias hat mehrere gute Bücher geschrieben. Verhandeln im Grenzbereich und Teure Fehler sind in meinen Augen hervorzuheben. Die gehören für mich ebenso zur Basisliteratur wie das Harvard-Konzept. Faule Kompromisse finde ich aus persönlichen Gründen noch erwähnenswert, weil ich in diesem Werk namentlich gewürdigt werde. ? Da er in seinem Buch „Das Schranner-Konzept" seine eigene Vorgehensweise dem Harvard-Konzept selbst gegenüberstellt, greife ich diesen Ball einfach mal auf und beziehe mich überwiegend auf dieses Buch. So laufe ich hoffentlich auch nicht Gefahr, mich auf rechtliches Glatteis zu begeben – wobei ich mir das ohnehin nicht vorstellen kann. Also – Das Schranner-Konzept: Darin spricht Matthias von 4 Prinzipien Play to win Einstieg Führung Eskalation Beim ersten Prinzip – Play to win - welches ich ja schon angesprochen hatte, geht es vorrangig um die Vorbereitung. Die inhaltliche, die aus den 3 Elementen Ziel – Strategie – Taktik besteht und die mentale, bei der das Mindset eine entscheidende Rolle spielt. Dabei werden alle beteiligten Stakeholder betrachtet und die eigene emotionale Einstellung zur Verhandlung und dem damit verbundenen Konflikt, in den Mittelpunkt gestellt. Prinzip Nr. 2 - Der Einstieg Dieses Prinzip setzt sich augenscheinlich aus 2 Taktiken zusammen. Gestartet wird mit einer Agenda, die neben den Inhalten auch den Zeitraum vorgibt. Darauf folgt „Put the fish on the table" – George Kohlriesers Taktik, welche grob zusammengefasst die direkte Ansprache eines bzw. des wichtigsten „Streit"Punktes, darstellt. Der typische Schranner Einstieg startet demnach direkt mit einem Konflikt. Das klingt einfach und, je nachdem wie Du persönlich aufgestellt bist, vielleicht sogar abschreckend. Meiner Meinung nach trifft beides nicht zu! Beim Einstieg spielen gemäß Schranner-Konzept eine positive Grundeinstellung, Lob, die Reduzierung der eigenen Dominanz, sowie das Betonen von Gemeinsamkeiten und dem Vertrauensaufbau (es wird MIT Menschen verhandelt, nicht dagegen) ebenfalls eine entsprechende Rolle. Außerdem gibt es in diesem Prinzip noch einen sehr wichtigen Tipp nebenbei: MACHE NOTIZEN! Prinzip 3 – Führung Matthias hat seine ÜBERRASCHUNG 7 „Lieblingstaktiken" für die erfolgreiche Verhandlungsführung unter diesem Prinzip niedergeschrieben. Was ist jetzt lösbar Nur die Zukunft zählt Nur die Lösung zählt Gemeinsamkeiten statt Differenzen Optionen statt Angebote Zumachen und nicht abwarten Walking and talking Ich orientiere mich für dich der Einfachheit halber jetzt eher am Leitfaden, der zum Ende des Buchs die Punkte nochmal zusammenfasst. Nun, in meinen Worten ausgedrückt solltest Du laut Schranner-Konzept den Konflikt, den Du beim Einstieg selbst herbeigeführt hast, auch aushalten und nicht zu schnell einzuknicken. Dennoch sollte eine gewissen Kooperationsbereitschaft signalisiert werden. Um dies auch in die Tat umzusetzen, sollten die Grundsätze der Reziprozität berücksichtigt werden. Du sollst zudem auch die Inhalte wiedergeben, um so Vertrauen aufzubauen und die Punkte mit deinen Worten zusammenzufassen. Den „Druck" hältst Du hoch, indem Du weitere Forderungen einbringst – schließlich ist es ein Austesten der Grenzen. Auch Einflüsse aus dem NLP finden sich beim Schranner-Konzept wieder – denn beim „Versuchsabschluss" wird der „what-if frame" oder „was wäre, wenn" Rahmen bewusst genutzt, um ein Ergebnis unter der Prämisse das „Hindernis" aus dem Weg zu räumen, zu simulieren. Mit der Egon Bahr Taktik werden Meilensteine klassifiziert und in „was ist jetzt, was ist bald, was ist jetzt nicht Lösbar, eingeteilt. Außerdem werden Inhalte betrachtet und durch die Fragen „Welche Themen der Vergangenheit sind tabu?" „Welche Themen sind positiv und zukunftsorientiert"? eingestuft. Zur weiteren Vorgehensweise zählt hier auch noch gemeinsame Entwicklung von Lösungswegen, Die letzt-genannten Taktiken, die noch genannt werden, dienen vorrangig zum Vertrauensaufbau bzw. zur Identifikation von Vertrauenspersonen auf der Gegenseite. Diese haben mehrere Vorteile, die für das nächste Prinzip wichtig sind. Das 4. Prinzip - Eskalation Hier wird es spannend – und dieses Prinzip ist wichtig UND gefährlich! Die Grundidee, die nach meinem Verständnis bei diesem Konzept durchschimmert, benötigt immer eine spürbare Eskalation in Verhandlungen. Und übertrieben ausgedrückt, stellst Du dich als „das Opfer" dar, denn der Gegenüber lässt einem ja keinen andere Wahl, als die Verhandlung abzubrechen. Ungeachtet der Tatsache, ob ihr euch geeinigt habt oder nicht - es wird immer Wert daraufgelegt, dem Gegenüber den gefühlten Sieg zu überlassen. Daher wird sowohl dein Dank an deinen Gegenüber als auch eine potenzielle Siegesrede, die dein Gegenüber intern und ggfs. auch extern nutzen kann, entsprechend vorbereitet. Wenn ihr euch nicht geeinigt habt, dann befindest Du dich in der „Sackgasse", also hast Du die Verhandlung abgebrochen und es geht aktuell nicht weiter. Matthias zeigt 4 Wege auf, die wieder aus der Sackgasse rausführen. Die Warnung, Den Abbruch Die Wette auf die Zukunft Das 4 Augen Gespräch Damit dein Gegenüber derjenige ist, der von sich aus wieder in die Verhandlung einsteigt, benötigst Du ANGST. Seine Angst. Diese sollst du steigern und somit – ich zitiere: „den Preis der Nicht-Einigung hochtreiben". Die Warnung und der Abbruch steigern diese Angst. Mit der Wette auf die Zukunft kannst Du wieder in die Verhandlung einsteigen, denn dadurch wird eine Risikoverteilung durchgeführt. Die letzte Möglichkeit ist das 4-Augen Gespräch - von den jeweiligen "Commandern" geführt – dieses Gespräch ist die allerletzte Option, um die Verhandlung noch erfolgreich zu beenden. In diesem Gespräch wird mit offenem Visier verhandelt, der Druck ist enorm hoch und es muss eine Entscheidung herbeigeführt werden. Also zusammengefasst weißt Du nun, dass das Schranner-Konzept teilweise Inhalte aus dem Harvard-Konzept beinhaltet, sich jedoch an vielen Stellen unterscheidet. Die für mich größten und deutlichsten Unterschiede stellen in meinen Augen der Fokus auf den eigenen Sieg in der Verhandlung sowie der Ansatz direkt mit dem Konflikt einzusteigen dar. Nun hast Du einen kleinen Überblick über die, in meinen Augen wichtigsten Konzepte, die es aktuell in der Welt der Verhandlungsführung gibt, erhalten. Und ich habe mein eigentliches Ziel für diese Episode erreicht. Was ich aus diesen Konzepten für meinen persönlichen Verhandlungsstil abgeleitet habe, das erfährst Du in den nächsten Episoden, des PRM-Podcast „Besser verhandeln" Und nun bist Du wieder am Zug: Bewerte diesen Podcast Schreib eine Rezension Verlinke dich mit mir auf LinkedIn, und sicher Dir mein kostenfreies ebook auf meiner Homepage. Und wenn Du dieses Thema vertiefen möchtest, dann empfehle ich dir an einem meiner „Erstklassig verhandeln" Workshops teilzunehmen. Die neuen Termine sind gerade veröffentlicht. Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinen Verhandlungen! Besten Gruß & bis zum nächsten Mal! Shownotes Audiobook „Negotiation Matchplan" Portfolio Homepage Instagram Xing Linked-In Facebook Twitter
WirtschaftRatgeber
Besser verhandeln - PRM-Andreas Schrader Folgen
Vertrieb/Sales, Einkauf/Procurement, HR & Recruiting, Projektmanager oder Geschäftsführer - jeder verhandelt. Mehr Gehalt, besseren Preis, es geht oft um Geld in Verhandlungen. Dabei hilft nicht immer das Harvard-Konzept. Wenn Du in Zukunft besser verhandeln möchtest, dann abonniere meinen Podcast und profitiere von dem, was es hier auf die Ohren gibt.
Folgen von Besser verhandeln - PRM-Andreas Schrader
234 Folgen
-
Folge vom 18.02.2020Episode 44 - Das Schranner-Konzept
-
Folge vom 11.02.2020Episode 43 - Das Harvard-KonzeptHi und herzlich Willkommen beim PRM-Podcast „Besser verhandeln" mein Name ist Andreas Schrader und Du erhältst bei diesem Podcast einen Einblick in die Rocket-Science, die sich hinter den Erfolgskonzepten der besten Verhandlungsführer verbirgt. Und wenn Du dann auch nur einen der unzähligen Tipps, die meine Interviewpartner und ich hier preisgeben mit in deine nächste Verhandlung einbaust, dann wirst Du, ähnlich wie es z.B. ausgewählte Mitarbeiter von Kinexon, SPONSORS, der Comline AG, Rapid Wien oder Ticketmaster bereits erfolgreich vorleben, hierdurch auch von mir profitieren. Heute wird es etwas theoretischer als sonst, allerdings werde ich versuchen, selbst die Theorie so lebhaft wie möglich rüberzubringen. Also - bevor ich auf die Inhalte eingehe, bekommst Du noch ein paar Hintergrund-Informationen zum Harvard-Konzept: Die Methode entspringt aus dem Harvard Negotiation Project, und sie wurde gemeinsam vom amerikanischen Rechtswissenschaftler Roger Fisher und William L. Ury formuliert. Der Originaltitel lautet „Getting to Yes" – Bruce Patton ist ein weiterer Name, der in diesem Zusammenhang nicht fehlen darf, er stieß jedoch erst etwas später dazu. Das Harvard-Konzept ist fester Bestandteil des Program on Negotiation der Harvard Law School und gleichzeitig ein, wenn nicht sogar der absolute Bestseller in diesem Bereich. Wir können es durchaus als „Die Bibel der Verhandlungsführung" angesehen. Im Normalfall fehlt es in keiner wissenschaftlichen Arbeit oder in Vorlesungen zum Thema „Verhandlungstechniken". Und ich bin mir sehr sicher, dass auch Du diese Methode schon kennst oder zumindest schon mal davon gehört hast. Was ist das Ziel? Viele verknüpfen Harvard automatisch mit Win-Win, denn das Ziel dieser Methode ist eine sachliche Lösung, die beiden Seiten den größtmöglichen Nutzen bringt. Wichtig ist zudem noch, dass die persönliche Beziehung mindestens gleichbleiben, wenn nicht sogar verbessert werden soll. Es geht demnach nicht um psychologische Tricks oder taktische Finessen, sondern um eine problembezogene Vorgehensweise. Vereinfacht dargestellt, besteht das Harvard-Konzept aus 4 Elementen: Du betrachtest Menschen und Probleme voneinander getrennt Konzentrierst Dich auf Interessen, nicht auf Positionen Du schaffst verschiedene Optionen, die für beide Seiten gewinnbringend sind. Das Ergebnis beruht auf objektiven Kriterien Menschen und Probleme voneinander getrennt betrachten = besser passt wohl, zwischenmenschliches und Sachfragen voneinander trennen – das macht es in meinen Augen und Ohren leichter. In einer Verhandlung haben wir es mit anderen Menschen zu tun. Dabei sind Emotionen unvermeidbar. Blenden wir das Zwischenmenschliche aus und konzentrieren wir uns auf die Sachebene ist der, etwas überspitzt ausgedrückte Ansatz. Doch was ist mit den Emotionen? In den meisten Verhandlungen vermischen sich Sach- und persönliche Ebene. Das kennt jeder Unternehmer ebenso wie diejenigen, die für Ihre Sache „brennen". Ob das auf Dich zutrifft, erkennst Du u.a. daran, dass Du beruflich bedingte Absagen oder Abneigung persönlich nimmst. „be soft on the people and hard on the problem." heißt es im Original. Und damit das funktioniert, solltest Du versuchen den menschlichen Part bei deinem Gegenüber zu berücksichtigen. Versetze dich in seine Lage und empfinde seine Sichtweise nach. Dabei gibt es 2 Gefahrenquellen: Sichtweise nachvollziehen bedeutet nicht, diese zu akzeptieren Schließe nicht von deiner Sichtweise auf die deines Gegenübers Diese Vorgehensweise bedeutet nicht, dass Emotionen gänzlich ausgeblendet werden. Entscheidend ist, wie Du damit umgehst. Es wird dazu geraten, dem Gegenüber die Möglichkeit zum „Dampf ablassen" zu geben und eigene Emotionen reflektiert zu besprechen, also zu erklären, weshalb Du wütend, enttäuscht oder was auch immer bist. Ich stelle immer wieder fest, dass für die „deutsch" Denkenden „soft on the people / hard on the problem" oft schwierig umzusetzen ist. Während meiner Zeit bei der NATO und in Paris, wo ich sehr direkt mit Amerikanern zusammengearbeitet habe, habe ich häufig festgestellt, dass diese Vorgehensweise in den meisten Verhandlungen für Amerikaner nahezu dem Standard entspricht – die beteiligten Europäer waren damit oft einfach nur überfordert und so waren auch die Treffen im Anschluss an die Verhandlungen oftmals sehr einseitig besucht. Mich überrascht es jedenfalls nicht, dass es in den Verhandlungen „knallt" und man später am Abend gemeinsam beim Dinner sitzt oder gemeinsam an der Bar steht. Auch hier bietet sich wieder ein Vergleich zum Sport. Als ich noch häufiger und aktiv im Verein Fussball spielte, war es ähnlich. Auf dem Platz ging es oftmals richtig zur Sache, doch nach dem Spiel reichte man sich die Hand und meistens traf man sich danach an der Theke auf ein Bierchen wieder. Das 2. Element lautet: Fokussiere dich auf Interessen, nicht auf Positionen. Betrachtest Du ausschließlich die Positionen, wirst Du sehr wahrscheinlich keine Win-Win Lösung erreichen. Um Missverständnisse zu vermeiden, definiere ich die beiden Begriffe: Positionen sind laut dem Harvard-Konzept bewusst getroffene Entscheidungen, die nicht verhandelbar sind. Interessen sind die Wünsche, Sorgen und oder Motive, die hinter den Interessen stehen. Interessen sind für den Erfolgreichen Win-Win Abschluss essentiell. Du sollst also herausfinden, worum es deinem Gegenüber tatsächlich geht, damit Ihr gemeinsam die beste Lösung für euch findet. Das klassische Beispiel dafür ist das Orangenbeispiel. 2 Kinder streiten um eine Orange, die Mutter greift ein und teilt die Orange in der Mitte. Klassischer Kompromiss, denn es wurde ja „gerecht geteilt". Die Positionen sind jeweils = ich will die Orange. Die Interessen dahinter sind jedoch andere. Kind 1 braucht das Fruchtfleisch für Orangensaft, Kind 2 die Schale für einen Kuchen. Hätten die Kinder oder die Mutter sich auf die Interessen konzentriert, wäre eine echte Win-Win Situation herbeigeführt worden. So zumindest die Idee der optimalen Lösung. Sollten die Parteien unterschiedliche Interessen haben, so solltest Du deine Interessen zum Ausdruck bringen und gleichzeitig die Interessen der anderen Partei berücksichtigen. Wichtig ist dabei der Blick in die Zukunft – nicht das Problem in der Vergangenheit. Das Schaffen verschiedener Optionen ist das 3. Element. Im Harvard-Konzept suchst Du vergeblich nach DER FIXEN LÖSUNGSIDEE für deine Verhandlung. Das ist in den Augen der Lehre ein Kardinalfehler. Das Konzept zielt vielmehr darauf ab, die Verhandlung als einen kreativen Prozess zu betrachten, in dem verschiedene Lösungswege gemeinsam mit dem Gegenüber erarbeitet werden. Du solltest also schon im Rahmen deiner Vorbereitung viele verschiedene Lösungswege ausarbeiten und entsprechende Optionen schaffen. Das ist ein sehr klarer und für mich verständlicher Punkt, deshalb werde ich darauf auch nicht näher eingehen. Das Ergebnis muss auf objektiven Kriterien basieren. Es geht bei diesem Punkt darum, dass nicht der, nennen wir ihn mal, Stärkere, seinen Willen durchsetzt, sondern dass ein vernünftiger Deal objektive Kriterien erfüllt. Diese sollten nicht nur „willensunabhängig" sein, sondern sich auch an geltendem Recht orientieren und praktisch durchführbar sein. Wikipedia drückt es wie folgt aus: „bestehen Sie auf objektiven Beurteilungskriterien (bspw. gesetzliche Regelungen, ethische Normen etc.), bei deren Einhaltung das Ziel eine Übereinkunft ist, die folgenden Anforderungen genügt: die guten Beziehungen der Parteien bleiben erhalten, beide Seiten nehmen mit, was sie brauchen – oder, wenn beide das Gleiche brauchen, teilen es fair (bspw. nach dem „Einer-teilt-einer-wählt"-Prinzip) –, und es wird zeiteffizient verhandelt (da nicht auf Positionen herumgeritten wird). Das Ergebnis muss demnach objektiv von beiden Seiten gegeneinander abgewogen sein und somit auch von beiden Seiten als neutral und fair akzeptiert werden. Nun kennst Du die 4 Elemente, von denen die beiden ersten den eigentlichen Kern dieser Methode darstellen. Es gibt noch 2 weitere wichtige Begrifflichkeiten, sowie einen Punkt, der mir wichtig ist. Zum einen wirst Du auf BATNA aufmerksam gemacht werden. BATNA steht für Best Alternative To Negotiated Agreement – frei übersetzt: Die beste Alternative für den Fall einer Nicht-Einigung. Oder Umgangssprachlich ausgedrückt – der Plan B. Das Harvard-Konzept nutzt BATNA zudem, um die eigene Machtposition zu stärken, denn Du kannst jederzeit während der Verhandlung „aussteigen" und den Plan B wählen. So vermeidest Du theoretischen Schaden durch ein schlechtes Ergebnis. Ein weiterer Begriff, den ich als erwähnenswert ansehe, ist „Negotiation Jiu-Jitsu". Dahinter verbirgt sich eine „Reaktion" auf einen Angriff. Bildlich gesprochen machst Du bei einem Angriff einen Schritt zur Seite und leitest somit den Angriff an dir vorbei. In der Verhandlung gehst Du nicht direkt auf den Angriff ein – nein – Du fragst z.B. nach den Beweggründen hinter dieser Position, oder forderst deinen Gegenüber auf, seine Vorstellung nochmal kritisch zu hinterfragen, oder – je nach Situation auch eine wirkungsvolle Methode: Du schweigst. Und last but not least – was mir noch wichtig ist: ich werde häufig mit Win-Win Fragestellungen konfrontiert und habe dabei gemerkt, dass sehr viele Menschen dies mit einem Kompromiss gleichsetzen. Das ist in meinen Augen eine Fehlinterpretation! Ein Kompromiss ist für mich das klassische Treffen in der Mitte – also die Mitte zwischen 2 Positionen (oder auch – 2 hälften der Orange) WIN-WIN hingegen berücksichtigt die Interessen und Motive beider Parteien. Unter entsprechenden Umständen können diese in einer Verhandlung durchaus optimal befriedigt werden – das ist in meinen Augen WIN-WIN. Nun bin ich erstmal durch mit dem Harvard-Konzept. Du kennst also jetzt die 4 Elemente Menschen und Probleme voneinander getrennt Konzentration auf Interessen, nicht auf Positionen Lösungs-Optionen schaffen Objektive Ergebnis-Kriterien Sowie die Begrifflichkeiten BATNA & Negotiation-Jiu-Jitsu" Und das war auch das Ziel dieser Episode. Ein weiteres Konzept, die Stärken und Schwächen der Konzepte, und was ich aus diesen Konzepten für meinen persönlichen Verhandlungsstil abgeleitet habe, das erfährst Du in den nächsten Episoden, des PRM-Podcast „Besser verhandeln" Und nun bist Du wieder am zug: Bewerte diesen Podcast Schreib eine Rezension Verlinke dich mit mir auf LinkedIn, und sicher Dir mein kostenfreies ebook auf meiner Homepage. Und wenn Du dieses Thema vertiefen möchtest, dann empfehle ich dir an einem meiner „Erstklassig verhandeln" Workshops teilzunehmen. Die neuen Termine sind gerade veröffentlicht. Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinen Verhandlungen! Besten Gruß & bis zum nächsten Mal! Shownotes Audiobook „Negotiation Matchplan" Portfolio Homepage Instagram Xing Linked-In Facebook Twitter
-
Folge vom 04.02.2020Episode 42 - VerhandlungsmethodenAnders, als ich es noch aus meiner Zeit in Zürich gewohnt bin, finde ich mich gerade als Selbstständiger häufiger in Vertriebssituationen, bei denen ich meine eigene Vorgehensweise intensiver und detaillierter erläutern soll, wieder. Vielleicht kennst Du eine solche Situation. Nach erfolgreichem Erstkontakt kommt es zum „Kennenlerntermin" – ob telefonisch oder F2F spielt jetzt erstmal keine große Rolle. Der Smalltalk verlief nahezu hervorragend und du spürst, dass dein Gegenüber positiv gestimmt ist. Dann geht das Gespräch – und der typisch-deutsch denkende Teil in mir sagt sich innerlich „GOTT SEI DANK" – mehr in die Tiefe. „Herr Schrader – wir bevorzugen die Harvard-Methode. Unsere Verhandlungen sind alle WIN-WIN orientiert. Wie ist denn Ihr Ansatz?" Ein Satz, den ich sinngemäß häufig höre – und ich finde das gut! Gut, weil es zeigt, dass sich mein Gegenüber bereits ein wenig mit der Thematik auskennt und vor allem, dass die Wichtigkeit von professioneller Verhandlungsführung bereits erkannt wurde. Bedeutet für mich: weniger, ich nenne es mal „Basis-Verkauf". Und genau das greife ich auch erstmal auf. – „Sehr gut, ich freue mich immer, wenn ich an dieser Stelle einsteigen darf und nicht erst bei den Basics – also wieso ist professionelle Verhandlungsführung überhaupt wichtig, beginnen muss. Was genau macht denn das Harvard-Konzept für Sie zur geeigneten Vorgehensweise?" Dann trennt sich in der Regel die Spreu vom Weizen – und das ist im ersten Moment vielleicht nicht ganz so nett, für mich jedoch wichtig – denn dadurch erfahre ich, was meinem Gegenüber wichtig ist, wie gut er sich bereits auskennt und ob und wenn ja, wie ich ihm tatsächlich weiterhelfen kann. Wenn Du dich also über meinen Podcast hinaus noch intensiver mit Verhandlungen auseinandersetzt, dann wird auch dir das Harvard-Konzept geläufig sein. Es ist weit verbreitet, wird von diversen Kollegen vermittelt und es findet sich auch in verschiedenen Vorlesungen wieder. Wir könnten genauso gut vom Einmal Eins oder der Bibel der Verhandlungsführung sprechen. Allerdings ist Harvard nicht das einzige Konzept, welches existiert. Kurzer Hinweis an dieser Stelle: Es gibt eine Menge Berater, Coaches oder Experten, auch für Verhandlungstechniken da draußen. Viele beanspruchen „eigene Konzepte, Methoden oder wie auch immer man es nennen mag" für sich. Sei hier bitte vorsichtig, denn obwohl ich der Meinung bin, dass jede Weiterbildung zu dem Thema hilfreich ist, so kannst Du da auch viel Geld und Zeit investieren, welches woanders vielleicht profitabler eingesetzt wären. Ich muss dabei immer an den Spruch: „Drum prüfe wer sich ewig bindet" denken. Also lass dich nicht von irgendwelchen Umschreibungen von Uni-Erfahrungen, die so ausgelegt werden, als sei der entsprechende Trainer ein Professor an einer Top-Uni Oder von Fake-Titeln oder sonstigen Marketing Tricks blenden. Oftmals reicht schon ein Podcast-Interview oder eine gezielte Google-Suche, um sich ein genaueres Bild zu verschaffen. So kannst Du viel Geld und wertvolle Zeit sparen. So, genug Panik-Mache: In den vergangenen 8 Jahren habe ich mir aus unterschiedlichen Gründen 12 verschiedene Ansätze genauer angeschaut. Und naja, es ist in meinen Augen nur eine Vorgehensweise dabei, die sich an entscheidenden Stellen von Harvard abgrenzt und in meinen Augen eine Erwähnung verdient. Der Rest ist, naja – ich sage mal vorsichtig: bekannt, wenn man diese beiden Konzepte kennt. Wenn Du hier für deine persönliche Gegenüberstellung eine Abkürzung benötigst, dann vergleiche doch einfach die Erscheinungstermine der Erstwerke – allein das hilft oft schon weiter. ? Das zweite „Konzept", von dem ich spreche, ist das Schranner Konzept. In meinen Augen ist der Ansatz von Matthias Schranner einer, den man kennen muss, wenn man über Verhandlungen spricht. Klar, dass Du das sagst, Andi – Nein, so klar finde ich das gar nicht. Ja, logisch, dass es Dich jetzt nicht überrascht, denn es ist ja auch kein Geheimnis, dass ich knapp 4 Jahre lang für und mit Matthias zusammengearbeitet habe – und ich mache keinen Hehl daraus, dass das eine intensive und prägende Zeit für mich war. Doch auch mit einigem Abstand und vor allem, mit noch mehr selbst gemachten Erfahrungen betrachtet, bleibe ich dabei: Du solltest auch diese Vorgehensweise kennen. Welche Vorteile und wo die Grenzen der jeweiligen Konzepte liegen, darauf werde ich in den nächsten Episoden genauer eingehen, denn das würde hier den Rahmen sprengen. Was Du also aus dieser Episode mitnehmen kannst ist: Es gibt mehrere Ansätze, nicht nur Harvard und WIN-WIN Prüfe die Personen im Hintergrund etwas genauer und wähle den, der zu Dir passt Lass dich nicht blenden Sowie „sehe das positive in deinem Gegenüber Spreche lob aus und schrecke nicht vor Gegenfragen zurück Und wie immer bin ich mir sicher, wenn Du jetzt auch nur einen dieser Tipps mit in deine Verhandlung einbaust, dann wirst Du mit Sicherheit BESSER VERHANDELN Jetzt bist Du wieder am zug – also: Bewerte diesen Podcast Schreib eine Rezension Verlinke dich mit mir auf LinkedIn, und sicher Dir mein kostenfreies ebook auf meiner Homepage. Und wenn du mal testen magst, wie Du bei Verhandlungen aufgestellt bist, dann verhandle mit mir doch mal um Plätze in meinen Workshops ? Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinen Verhandlungen! Besten Gruß & bis zum nächsten Mal! Shownotes Audiobook „Negotiation Matchplan" Portfolio Homepage Instagram Xing Linked-In Facebook Twitter
-
Folge vom 28.01.2020Blick über die Tischkante #17 - Nicola Kiermeier - Frau Hood CommunicationsMein heutiger Gast - Nicola Kiermeier hat sich im Februar 2019 als Digital Consultant selbstständig gemacht und agiert unter dem Namen „Frau Hood Communications". Ihre Beratungsschwerpunkte sind Digital- und Social-Media Strategien. Außerdem unterstützt sie Kunden aus der Sport- Tourismus- und Medienbranche bei diversen Social-Media Kampagnen. Bevor Sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagte und von München nach Tirol an den „Wilden Kaiser" zog, war Sie zuletzt als Head of Branded Content & Partnerships für SPORT1 tätig. Insgesamt arbeitete sie dort 3 ½ Jahre. Weitere Arbeitserfahrungen sammelte Sie u.a. bei Lobeco, fischerAppelt, der Sepp-Herberger Stiftung, Scholz & Friends und der TSG Hoffenheim. Der Faible für eine ganz bestimmte Branche ist also nicht von der Hand zu weisen. Was erwartet dich in diesem Interview- ich behaupte – eine ganze Menge! Dieses Interview beinhaltet sehr viele verschiedene Facetten – denn u.a. gehören Diversität, Genderfragen, Vorurteile über Branchen und Menschen aus unterschiedlichen Regionen – also bis auf Geld und Krankheiten eigentlich alles, was sich im ersten Blick NICHT gerade als Smalltalk-Thema eignet zu den Inhalten der heutigen Episode. Außerdem erfährst Du, was Du vom SKI-Verkauf für deine Verhandlungen lernen kannst. Und vereinzelt verirrt sich auch der ein oder andere kleine Marketingtipp in unser Interivew. Nicola spricht sehr offen und natürlich klären wir auch die Frage, weshalb sie sich Frau Hood nennt – kleiner Spoiler, es hat was mit einer deutschen Band zu tun ? Aus meiner Sicht reicht das jetzt als Intro – ich wünsche dir viel Spaß beim Blick über die Tischkante mit Nicola Kiermeier. Shownotes Nicola Kiermeier/Frau Hood - Homepage Nicola Kiermeier LinkedIN Audiobook „Negotiation Matchplan" Portfolio Homepage Instagram Xing Linked-In Facebook Twitter