In der aktuellen »Micky Maus« gibt es einen sehr interessanten Apparat, den Daniel Düsentrieb konstruiert hat: Mit dem kann man die Träume der anderen wie in einem Fernseher sehen. In den Schlaflaboren sind die noch nicht so weit, oder?
Da schauen die nicht, ob du träumst, sondern wie du schläfst. Und wenn man immer mal wieder schöne Meldungen liest, dass man mit irgendwelchen technischen Mitteln Gedanken lesen könnte, dann ist da bisher mehr der Wunsch der Vater dieser Gedanken.
Eben: Träume drücken doch Wünsche und Ängste aus, jedenfalls nach Sigmund Freud. Oder sind Träume nur Schäume?
Ich denke, man kann aus Träumen etwas über individuelle Probleme herauslesen. Es gibt ja immer mal wieder Erlebnisse, die man vergessen zu haben schien und die plötzlich wieder auftauchen und erinnert werden.
Aus dem Unbewussten.
Man kann davon ausgehen, dass die Dinge, die wir erlebt haben, Spuren in der Struktur unseres Gehirns hinterlassen haben, das ja ein Speicher ist. Nur keiner wie in einem Computer, wo Zelle für Zelle irgendwelche Bits abgelegt sind, sondern als eine Vernetzung von bestimmten Inhalten. Im Schlaf ist die zentrale Kontrolle darüber eingeschränkt und es kommen in Träumen Sachen zusammen, die sonst gar nicht bewusst waren. Da hat Freud recht.
Und in der DDR wurde der ganze Freud verdrängt?
Ziemlich. Es gab zwar den »Freud’schen Versprecher«, das war eine gängige Stanze. Auch das »Verdrängen« kam in der Alltagssprache vor. Aber erst kurz vor der Wende wurden einige seiner Schriften veröffentlicht.
Die DDR-Psychologen haben keinen Freud unterrichtet bekommen?
Nicht offiziell. Es gab Psychotherapeuten, die sich zumindest einiges davon angeeignet haben. Lustig ist, dass die Traumdeutung in der DDR in einem Buch des sowjetischen Satirikers Michail Sostschenko vorkam. Der litt unter Depressionen und Appetitlosigkeit und wollte sich selbst kurieren. Der kannte Pawlows Reflexlehre und wollte dem Auslöser des Reflexes auf die Spur kommen. Und den hat er dann in einem wiederkehrenden Traum gefunden: Da hängt er als Baby an der Mutterbrust, und ein schweres Gewitter verstört ihn so, dass er bei bestimmten Auslösern eben die Nahrungsaufnahme einstellt. Du siehst: Freud und Pawlow gehen auch zusammen, wenn man sich nur Mühe gibt.
In der »Micky Maus« möchte Oma Duck mit dem Traumapparat herausfinden, was ihr fauler Angestellter Franz denn träumt, wenn er wieder mal in der Hängematte liegt und schläft, statt auf ihrem Bauernhof zu arbeiten.
Der träumt vom Träumen.
Vielleicht sollten wir uns alle mal auf die Couch legen, um das gesellschaftlich Unbewusste zu erkunden.
Die Gesellschaft als Ganzes? Die Couch muss erst noch gefunden werden.