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Dr. Schmidt erklärt die Welt

Als Universalgelehrter der nd.Redaktion weiß der Wissenschaftsredakteur Dr. Steffen Schmidt auf fast jede Frage eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eben eine andere. Alle Folgen zum Nachhören auf dasnd.de/schmidt

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Folgen von Dr. Schmidt erklärt die Welt

111 Folgen
  • Folge vom 23.10.2021
    Kein Blitzbesuch von der Weltraumärztin
    Ein russischer Regisseur und eine Schauspielerin waren auf der Weltraumstation ISS, um einen Notarzteinsatz zu drehen. Ist das filmisch sinnvoll, oder könnte man das auch gut auf der Erde simulieren? Das ginge sicher problemlos auf der Erde, aber für die Vermarktung machen Szenen aus dem All natürlich mehr her. Wenn ich mir Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« anschaue, der Mitte der 60er noch keine Bilderfahrungen von Raumstationen haben konnte, dann ist das derart realistisch gedreht, dass ich denke, es geht beim Weltraum-Shooting mehr um Werbung als um ernsthafte künstlerische Arbeit. Ist so ein Weltraum-Notarzteinsatz derzeit denkbar? Dass eine Chirurgin ad hoc hochfliegt, um einen erkrankten Kosmonauten zu operieren - das ist ein kühnes Szenario. Selbst die Chinesen, die momentan am schnellsten zu Starts in der Lage sind, weil sie praktisch immer ein Raumschiff in Reserve halten, brauchen etwa acht Tage Vorbereitung. Eine akute Blinddarmreizung an Bord der ISS wäre also kritisch. Sie wäre jedenfalls nicht bei einem kurzfristigen Arztbesuch zu behandeln. Ist bei den Dauerbesatzungen im All jemand mit medizinischer Ausbildung dabei? Die haben eine bessere medizinische Grundausbildung als das, was man beim Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein lernt. Sie müssen in der Lage sein, eine Wunde zu nähen, und auf der Station gibt es einen Defibrillator, falls jemand einen Herzstillstand erleidet. Gab es schon mal medizinische Krisenfälle in der Raumfahrt? Nicht dass ich wüsste. Aber man kann davon ausgehen, dass die professionellen Kosmonauten, Astronauten oder Taikonauten vor dem Abflug so gut durchgecheckt werden, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach ein halbes oder ganzes Jahr gesund durchhalten. Anders sieht das aus, wenn der Marsflug realistisch wird, da geht es um weitaus längere Zeiträume und größere Entfernungen. Wer ein Jahr im All war - ist der dann anfälliger für Infektionen? Kann durchaus sein. Viel ärger sind andere Einschränkungen: Der ganze Knochenapparat leidet trotz speziellen Trainings, die Muskulatur auch. Deshalb werden ja die Rückkehrer nach der Landung erst mal in Liegesessel gepackt. Dieser Tage wurde zum ersten Mal eine Kreditkartenzahlung in der Stratosphäre erledigt. Ist dafür ein praktischer Nutzen absehbar? Das ist wohl auch bloß ein Werbegag. Kreditkartenzahlungen müssen aus Sicherheitsgründen sehr schnell gehen; so schnell kann das Funksignal kaum bis zum Zentralrechner des Zahlungsdienstleisters kommen. Wer heute als Tourist einen Weltraumflug bucht, zahlt doch sicher vorher all inclusive. Anders sieht es aus, wenn die angereiste Notärztin erst operiert, nachdem der Patient seine Krankenkassenkarte gescannt hat. Hast du die dann nicht dabei, wird es ernst.
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  • Folge vom 16.10.2021
    Kann man Träume anschauen?
    In der aktuellen »Micky Maus« gibt es einen sehr interessanten Apparat, den Daniel Düsentrieb konstruiert hat: Mit dem kann man die Träume der anderen wie in einem Fernseher sehen. In den Schlaflaboren sind die noch nicht so weit, oder? Da schauen die nicht, ob du träumst, sondern wie du schläfst. Und wenn man immer mal wieder schöne Meldungen liest, dass man mit irgendwelchen technischen Mitteln Gedanken lesen könnte, dann ist da bisher mehr der Wunsch der Vater dieser Gedanken. Eben: Träume drücken doch Wünsche und Ängste aus, jedenfalls nach Sigmund Freud. Oder sind Träume nur Schäume? Ich denke, man kann aus Träumen etwas über individuelle Probleme herauslesen. Es gibt ja immer mal wieder Erlebnisse, die man vergessen zu haben schien und die plötzlich wieder auftauchen und erinnert werden. Aus dem Unbewussten. Man kann davon ausgehen, dass die Dinge, die wir erlebt haben, Spuren in der Struktur unseres Gehirns hinterlassen haben, das ja ein Speicher ist. Nur keiner wie in einem Computer, wo Zelle für Zelle irgendwelche Bits abgelegt sind, sondern als eine Vernetzung von bestimmten Inhalten. Im Schlaf ist die zentrale Kontrolle darüber eingeschränkt und es kommen in Träumen Sachen zusammen, die sonst gar nicht bewusst waren. Da hat Freud recht. Und in der DDR wurde der ganze Freud verdrängt? Ziemlich. Es gab zwar den »Freud’schen Versprecher«, das war eine gängige Stanze. Auch das »Verdrängen« kam in der Alltagssprache vor. Aber erst kurz vor der Wende wurden einige seiner Schriften veröffentlicht. Die DDR-Psychologen haben keinen Freud unterrichtet bekommen? Nicht offiziell. Es gab Psychotherapeuten, die sich zumindest einiges davon angeeignet haben. Lustig ist, dass die Traumdeutung in der DDR in einem Buch des sowjetischen Satirikers Michail Sostschenko vorkam. Der litt unter Depressionen und Appetitlosigkeit und wollte sich selbst kurieren. Der kannte Pawlows Reflexlehre und wollte dem Auslöser des Reflexes auf die Spur kommen. Und den hat er dann in einem wiederkehrenden Traum gefunden: Da hängt er als Baby an der Mutterbrust, und ein schweres Gewitter verstört ihn so, dass er bei bestimmten Auslösern eben die Nahrungsaufnahme einstellt. Du siehst: Freud und Pawlow gehen auch zusammen, wenn man sich nur Mühe gibt. In der »Micky Maus« möchte Oma Duck mit dem Traumapparat herausfinden, was ihr fauler Angestellter Franz denn träumt, wenn er wieder mal in der Hängematte liegt und schläft, statt auf ihrem Bauernhof zu arbeiten. Der träumt vom Träumen. Vielleicht sollten wir uns alle mal auf die Couch legen, um das gesellschaftlich Unbewusste zu erkunden. Die Gesellschaft als Ganzes? Die Couch muss erst noch gefunden werden.
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  • Folge vom 09.10.2021
    Die Seekuh, das unbekannte Wesen
    Mir ist erst jetzt aufgefallen, dass der Tierpark im Osten Berlins keine Seekühe mehr hat. Weißt du, warum nicht? Die bauen das Elefantenhaus um. Da waren die Seekühe bei ihren nächsten Verwandten untergebracht. Seekühe als Verwandte der Elefanten. Nicht gerade ähnlich. Sie gehören mit den Elefanten zu den sogenannten Fast-Huftieren, zusammen mit den Schliefern. Kennst du die eigentlich? Noch nie gehört. Das sind im Vergleich zu ihren Verwandten recht kleine Tiere, nicht im Entferntesten einer der beiden anderen Gattungen äußerlich ähnlich. Die sehen ein bisschen so aus wie größere Nagetiere. Die meisten sind in Afrika heimisch. Seelöwen oder Robben ähneln den Seekühen deutlich mehr als Elefanten. Aber die sind keine näheren Verwandten. Ebenso wenig wie die See-Elefanten. Aber die Seekühe leben doch auch im Meer? Die meisten schon. Die Seekühe, die im Tierpark waren, heißen Rundschwanz-Seekühe, auch Manatis genannt. Davon gibt es drei Arten, und von denen lebt eine auch im Meer. Zwei in Flüssen. Aber die können alle drei in Süßwasser leben, da sind die nicht so wählerisch. Was sie nicht können: sich am Strand ausruhen. An Land kommen sie nicht. Ohne ordentliche Beine eine Tonne Fleisch zu bewegen, ist ja doch nicht so ganz ohne. Und wo sind die aus dem Tierpark nun geblieben? Eines der Tiere ist schon vor ein paar Jahren an Altersschwäche verstorben, mit 31, das ist wohl ein ordentliches Alter für Seekühe. Und die übrigen wurden nach Frankreich weggegeben. Wegen Umbau des Elefantenhauses, aus dem eine Savannenlandschaft für Afrikanische Elefanten werden soll. Und was mache ich, wenn ich mir eine Seekuh anschauen möchte? Da musst du nach Nürnberg fahren, im dortigen Tiergarten gibt es noch welche. Heißen Seekühe nur in Deutschland so? Ja. Der wissenschaftliche Name der Seekuh beruht auf Seemannsgarn: Sirenia. Abgeleitet von den Sirenen, also gewissermaßen von Meerjungfrauen. Die kenne ich aus der »Odyssee«. Die Seekuh scheint recht mysteriös? Na ja, es gibt anscheinend noch ziemliche Wissenslücken. Einerseits habe ich in einem Biologie-Lexikon gefunden, dass Manatis 24 Stunden tauchen können, ein anderes schreibt: rund eine Stunde. Das ist doch eine erhebliche Diskrepanz. Und als das Tier im Tierpark erkrankte, konnte man zwar feststellen, dass es was an den Nieren hatte. Aber warum, wusste man nicht, weil man eigentlich - wie damals festgestellt wurde - viel zu wenig über die Physiologie der Seekühe weiß.
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  • Folge vom 02.10.2021
    Können Lampen ewig leuchten?
    Es gibt eine Glühbirne, die leuchtet schon seit 1901 - in einer Feuerwache in San Francisco. Stimmt das überhaupt - oder ist das ein Mythos aus dem 20. Jahrhundert? Das stimmt. Übrigens heißt das korrekt Glühlampe und nicht Birne. Die sind ja eher was zum Essen. Und nicht alle Glühlampen sind birnenförmig, Okay. Die Glühlampe in San Francisco leuchtet ja nicht ununterbrochen, sondern wird auch an- und ausgeschaltet. Nach dem, was ich gelesen habe, eben nicht. Viele elektrische Geräte - und Glühlampen zählen dazu - nehmen am leichtesten Schaden beim Ausschalten. Das ist doch der Hauptvorwurf an die Lampenindustrie: Die industrielle Fertigung von Glühbirnen zielt auf Verschleiß. Das ist nur teilweise richtig. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es ein Kartellabkommen zwischen den großen Glühlampenherstellern weltweit. Damals wurde festgelegt, dass die Dinger 1000 Stunden halten müssen. Das war weniger, als manche gute Lampe schaffte. Es gab auch welche, die hielten 2000 Stunden. Ich hab mal gehört, im Osten gab es welche, die schafften über 3000 Stunden. Das können einzelne gewesen sein, aber ich habe die Stunden nicht mitgezählt. Irgendwann sind sie auch bei uns durchgebrannt. Die heutigen LED-Lampen halten sehr viel länger. War nicht die Abschaffung der alten Glühlampe durch die EU für die Glühlampenindustrie so etwas Ähnliches wie die Einführung der Riester-Rente für die Versicherungsindustrie - ein Geschenk? Für die Leuchtmittelindustrie war das zweifelsohne ein gigantisches Geschäft, zumal die erste neue Generation ja leider nicht wirklich durch tolle Lebensdauer glänzte. In Berlin gibt es sogar noch Gaslampen. Aber sehr wenige. Einerseits gibt es welche, die zwar noch so aussehen, aber inzwischen mit LEDs bestückt sind. Andererseits gibt es auch noch recht moderne Gaslampen. Und das kalte Licht der Neonröhren gibt es auch noch? Also was du Neonröhre nennst, ist eine Leuchtstoffröhre, da ist kein Neon drin. Das ist eine Niederdruck-Quecksilberdampflampe, in der ein Tröpfchen verdampftes Quecksilber für Licht sorgt. Richtiges Neon macht rot-oranges Licht. Und alles zusammen macht dann den Lichtsmog, weshalb wir in den Städten die Sterne nicht mehr sehen können. Pfff, das ist vor allem die Straßenbeleuchtung. Die wiederum ist noch bunter gemischt. Neben einer wachsenden Zahl von LED-Lampen gibt es da Natriumdampflampen mit gelb-orangem Licht. Lange gab es auch Quecksilberhochdruckdampflampen, die kaltes, bläulich-grünliches Licht ausstrahlen. Das war immerhin toll für die städtischen Fledermäuse, denn an diesen Lampen sammelten sich die Insekten wie verrückt.
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